Einführung ins Krishna-Bewußtsein

Von Wolfgang Burtscher, © 1999 Vaishnava Mission 


Vaishnava Mission

 

Eine jahrtausende alte Kultur

Vor 5000 Jahren existierte im heutigen Indien eine Hochkultur, die der ägyptischen mindestens ebenbürtig war. So wurde etwa von den Archäologen die beeindruckende städtische Zivilisation im Industal (Harappakultur) entdeckt.

Zitadelle von Mohenjo-Daro
Zitadelle von Mohenjo-Daro

Ein Beispiel dafür ist die antike Stadt Mohenjo-Daro (3. Jahrtausend v. Chr.) Sie wird von den Archäologen wegen der Ähnlichkeit mit einem Stadtteil von New York auch das "Manhattan der Bronzezeit" genannt. Die Stadt und die prähistorische Zivilisation wurde erst 1922 entdeckt. Man vermutet, daß in der Blütezeit der Stadt ungefähr 40 000 Menschen in Mohenjo daro lebten. In den Straßen drängten sich Geschäfte, Lebensmittelstände und sich gleichende mehrstöckige Häuser, die aus Ziegeln errichtet waren. Beinahe jedes der vielen Häuser hatte in seinem Inneren einen Ziegelbrunnen, ein eigenes Badezimmer mit einer Dusche und einer Sitztoilette aus Ziegelsteinen. Es gab Verwaltungsgebäude, eine Zitadelle, ein großes öffentliches Bad, einen Kornspeicher mit ausgeklügeltem Belüftungssystem und ein ausgedehntes Abwassersystem. Doch die alten Überlieferungen der Inder wissen von noch weit größeren Städten und Errungenschaften dieser bist heute fast unbekannt gebliebenen weit fortgeschrittenen Zivilisation zu berichten.

Es sind schon sehr spezielle Umstände notwendig, um die Reste von jahrtausendealten Kulturen bis in die heutige Zeit zu erhalten. Die Historiker wissen nur sehr wenig über das vedische Zeitalter und die vedische Kultur. Ihre Konzepte und Theorien basieren auf Vermutungen und Spekulationen, die ständig revidiert werden müssen. Für sie ist das vedische Zeitalter ein dunkles Zeitalter. Dabei sind die Bau- und Kunstwerke der antiken indischen Kultur nicht einmal deren größtes Erbe. Die wichtigsten Zeugen der altindischen Hochkultur sind die Sanskrit-Schriften; sie sind die "Pyramiden" der vedischen Hochkultur.

Sanskrit gehört zu den ältesten Sprachen der Welt und hat auf viele jüngere Sprachen eingewirkt. Welch enormes geistiges Niveau die antike vedische Hochkultur erreicht hatte, zeigt sich schon allein an der Genialität und Komplexität der Sanskrit-Sprache. Noch beeindruckender jedoch ist der Inhalt der enorm umfangreichen vedischen Überlieferungen. Es findet sich erstaunliches Wissen über Geschichte, Astronomie, Astrologie, Mathematik, Medizin, Architektur, Geheimwissenschaft, Philosophie, Psychologie und - der wichtigste Teil - Spiritualität, das Wissen um den Sinn und den Ursprung des Lebens.

Jagannath Tempel in Puri / Orissa
Jagannath Tempel in Puri / Orissa

Abbildung 2: Jagannath Tempel in Puri, im 12. Jahrhundert von König Chodaganga Deva errichtet. Viele Tempel und Städte Indiens wurden (oft sogar mehrmals) über oder auf viel älteren Anlagen gebaut.

Praktisch alle Wissensbereiche werden abgedeckt. Selbst Fluggeräte, die unseren Flugzeugen und Raketen im wahrsten Sinne des Wortes himmelhoch überlegen sind, werden beschrieben und geben so genannten Sensationswissenschaftlern wie Erich von Däniken Stoff für neue Bücher. Wissenschaften, die bei uns im Westen so gut wie unbekannt sind, werden ausführlich behandelt. Das in den Veden festgehaltene Wissen übertrifft jenes unsere westliche Wissenschaft in vielen Bereichen. All dies widerlegt die gängigen Theorien, daß die Sanskrit-Schriften von einem einfachen Hirtenvolk erstellt wurden.

Der wichtigste und für uns wertvollste Teil der Veden ist das überlieferte spirituelle Wissen, denn in diesem höchsten und äußerst wichtigen Bereich der Wissenschaft haben wir einen erheblichen Nachholbedarf. Die Veden präsentieren uns die ewige Religion ALLER Menschen, die keinen Anfang und kein Ende hat. Diese Religion sprengt die Grenzen von Monotheismus (Ein-Gott-Glauben), Polytheismus (Vielgötter-Glauben) und was es noch für -theismen geben mag und vereinigt alles zu einem harmonischen Ganzen, ohne dabei zu einem unterschiedslosen und respektlosen Neo-Hinduismus zu werden. In allen Weltreligionen sind zumindest Spuren und Ansätze der ewigen Religion aller Menschen zu finden, jedoch nirgends sind die universalen Prinzipien so klar und ausführlich ausgearbeitet und begründet wie in den Veden.

Spiritualität und Religion darf nicht nur eine Frage des "ich glaube es" oder "ich glaube es nicht" sein. So wichtig der Glaube in der Religion auch ist, die Vernunft haben wir sicherlich nicht mitbekommen, um sie einfach abzuschalten. Die "Friß oder stirb (oder fahr zur Hölle)"-Mentalität ist ein rechtes Armutszeugnis für Menschen, die sich als intelligent oder gar als Krone der Schöpfung bezeichnen wollen. Spiritualität ist Wissenschaft. Keine gewöhnliche Wissenschaft natürlich, sondern transzendentale Wissenschaft. Eine Scheiterhaufen auftürmende und Folterkammern einrichtende "alles-außer-wir-selbst-ist-vom-Teufel"-Einstellung hat mit Spiritualität nichts zu tun und sie hat in der Vergangenheit schon genug Unheil angerichtet. Gerade auch unter jenen, die ihr angehangen sind. Wer andere zum Teufel macht, macht sich damit selbst nur zum noch größeren Teufel. Das liegt schon in der Natur der Sache.

Pilger baden im pushkar See
Pilger baden im Pushkar See

Auch in jahrtausendealten Bräuchen lebt die altindische Zivilisation. Der See der Stadt Pushkar wird schon im Mahabharata, dem größten Epos der Welt, als einer der am höchsten verehrten Wallfahrtsorte in ganz Indien beschrieben. Und das ist er auch heute noch. Das Mahabharata wird von den Veden als 5000 Jahre alt beschrieben; einige Indologen datieren seine Entstehung aber auf 300 v. Chr. Diese Unsicherheit vieler Indologen bei der Datierung der Veden findet sich in bezug auf fast alle älteren vedischen Werken und die hypothetischen Jahreszahlen    ändern    sich alle paar Jahrzehnte. Die eigentlichen Autoritäten der Veden sind jedoch die Heiligen und die Seher, die der vedischen Datierung zustimmen. Auch wenn das Wissen eines Buches vielleicht erst mündlich überliefert und dann sehr viel später schriftlich festgehalten wurde, so ist der Inhalt des Buches älter als dessen Niederschrift. Schließlich macht der Inhalt ein Buch aus und nicht das Wortkleid oder das Papier.

Der Begriff Veden beinhaltet nicht nur die ursprünglichen vier Veden, sondern alle Schriften in deren Nachfolge. Die vedische Literatur ist nicht eine abgeschlossene Offenbarung (was auch immer das sein mag...) wie es manchmal von der Bibel behauptet wird. Die vedischen Schriften sind zwar stets durchgehend in sich komplett und vollständig, wurden aber immer wieder von großen Sehern, Heiligen und Gelehrten vertieft und erläutert. Die "ursprünglichen" vier Veden werden heute kaum mehr gelesen oder verstanden. Das Thema der Veden ist die unendliche und grenzenlose Höchste Persönlichkeit Gottes. Wie kann es bei Schriften, die ein solches Thema behandeln, irgendeine Begrenzung geben?

Das Wort "Veden" (Weda)
Dieses Wort, das in deutscher Übertragung gar den verheißungsvollen Name des Garten Eden in sich birgt, geht auf das Sanskritwort veda zurück. Die Übersetzung von veda ist "Wissen". Der Ausdruck "vedische Schriften" bedeuten damit übersetzt "die Schriften des Wissens". Dazu werden Im engsten Sinne die vier ältesten Sanskritwerke gezählt (Rigveda, Samaveda, Yajurveda und Atharvaveda). Im weiteren Sinne gehören aber auch alle späteren Schriften in deren Nachfolge dazu.


Krishna, die Höchste Persönlichkeit Gottes

Aus vielerlei Hinsicht ist es im Grunde kein Wunder, daß so viele Völker die Sonne und das Licht als Gottheit verehrt haben. Denn die Höchst Persönlichkeit Gottes hat mit der Sonne einiges gemeinsam. Und nicht nur im metaphysischen Sinn.

Obwohl es nur eine Sonne gibt, wird diese in vielen verschiedenen Formen wahrgenommen. Da gibt es die schwache Polarsonne, die brennende Wüstensonne, die glühende Äquatorsonne, die Sommersonne, die Wintersonne, die Morgensonne, die Abendsonne usw. Obwohl es nur eine einzige Sonne gibt, wird diese nach den jeweiligen Erscheinungsformen verschieden beschrieben. Die Sommersonne und die Wintersonne sind vollkommen dieselbe Sonne, dennoch gibt es Unterschiede. Die Sommersonne ist z. B. heißer als die Wintersonne. Ähnlich verhält es sich mit den Erscheinungsformen der Höchsten Persönlichkeit Gottes. Obwohl der Herr einer ist, wird Er nicht nur in einer einzigen Form wahrgenommen.

Gott erscheint in zahllosen verschiedenen Formen, die von den vedischen Schriften als Avatar oder als Inkarnationen bezeichnet werden. Es wäre jedoch ein Fehler zu denken, Gott wäre je nach dem Land oder der Kultur in der Er erscheint ein anderer. Ebenso wie die Sonne dieselbe ist - egal ob sie nun in verminderter Stärke am Nordpol oder in voller Kraft am Äquator scheint - so bleibt Gott derselbe eine. Es hängt von unserem Standpunkt ab, wie wir die Sonne wahrnehmen und genauso hängt es von uns ab, wie wir Gott wahrzunehmen vermögen.

Wie wir im Laufe unseres Lebens oder sogar gleichzeitig mehrere verschiedene Rollen spielen, so erscheint auch die Höchste Persönlichkeit Gottes in vielen Formen. So wie wir zur gleichen Zeit Mutter oder Vater, Sohn oder Tochter, Angestellter oder Abteilungsleiter sein können. Die einen Menschen kennen uns als Mutter oder Vater, andere als Chef, wieder andere als Lehrer, als Geliebter oder Geliebte, als Kind, als Erwachsener, als Greis... und trotzdem sind wir stets derselbe eine. Ähnlich erscheint der Herr den Menschen in verschiedenen Formen, obwohl Er nur einer ist. Dieses Beispiel zeigt, daß eine gewisse Ähnlichkeit zwischen gewöhnlichen Menschen und der Höchsten Persönlichkeit Gottes nicht bestritten werden kann. Dennoch ist der Herr aber keinesfalls eine gewöhnliche Person. Dies zeigt sich schon an seinen Merkmalen und seinen wunderbaren Taten, wie sie in den offenbarten Schriften beschrieben werden.

Die heiligen Schriften des antiken Indiens, die Veden, wissen von zahllosen Inkarnationen (Erscheinungen der Höchsten Persönlichkeit Gottes) zu berichten. Doch der Höchste Herr erschien und erscheint nicht nur in Indien, sondern auch in anderen Kulturen. Es mag jedoch sein - so wie die Sonne in einem neblig, trüben Winter oft nur schwer oder überhaupt nicht zu sehen ist, daß Gott in manchen Kulturen nur sehr unzureichend erkannt wird und wurde. Die heiligen Schriften der Veden und die großen Gelehrten und Heiligen der vedischen Tradition erklären, daß von allen bekannten Erscheinungen der Höchsten Persönlichkeit Gottes Krishna die ursprüngliche und damit die höchste ist. In unserem Beispiel mit der Sonne ist Krishna die vollkommenste Erscheinungsform oder Erkenntnis der Sonne. Er ist die ursprüngliche Sonne, von der alle anderen "Sonnen" - Wintersonne, Sommersonne, Polarsonne usw. - ausgehen. Die Eigenschaften der anderen "Sonnen" sind alle auch in Krishna vorhanden und werden in Seinen Tätigkeiten auch manifestiert.

Mein Gott ist größer als dein Gott...

Wir leben in einem Zeitalter, das von den Veden als das Zeitalter des Streites und der Heuchelei beschrieben wird. In diesem Zeitalter wird die Erde von Menschen bevölkert, deren hauptsächliche Eigenschaften nicht gerade edel sind. Es ist ein finsteres Zeitalter - nicht nur für die Menschen, auch für die Pflanzen und Tiere. Dieses Zeitalter ist ein Ozean der schlechten Eigenschaften. Viele Menschen suchen Vorwände, um Macht über andere zu erlangen und sie ausbeuten zu können oder einfach nur um ihren lebensverachtenden und gewalttätigen Neigungen auszuleben. Diese Vorwände sind oft nationalistischer Art, werden aber mindestens genauso oft dem religiösen oder kulturellen Umfeld entnommen.

Es gibt heute viele Menschen, die davon überzeugt sind, sie alleine würden den einzigen richtigen Gott kennen. Das ist so als würde man sagen, die Sonne über Europa wäre die einzig richtige und die "Sonnen" woanders wären von Menschen erfundene Lügen. Andere sagen wieder, es würde gar keinen Gott geben. Sie sind wie Menschen in der Nacht, die glauben, weil sie die Sonne nicht sehen können, es gäbe gar keine Sonne. Dabei ist eine Nacht ohne Sonne gar nicht möglich. Wieder andere sagen, jeder sei Gott. Diese sind so wie Menschen, die denken, jedes Glühwürmchen wäre, weil es ja auch eine gewisse Helligkeit besitzt, genauso gut wie die Sonne. Aber wie kann ein Glühwürmchen, dessen Kraft noch dazu von der Sonne stammt, mit der Sonne gleichgesetzt werden?

Derartiger Mißbrauch und noch schlimmeres findet heute weltweit statt. Die offenbarten Schriften werden mißbraucht um irgendwelche zum Teil haarsträubende Ideologien zu rechtfertigen. Bei den den Veden zugerechneten Schriften ist die Bhagavad-gita das wohl beliebteste Opfer. Es gibt hunderte Interpretationen von verschiedenen Gelehrten und Intellektuellen, welche dieses berühmte Buch benutzen, um dadurch ihren eigenen Spekulationen Gewicht zu verleihen. Dieser Umstand ist mitunter auch ein Grund, weshalb sich in den Übersetzungen von A.C. Bhaktivedanta Swami Prabhupada das ursprüngliche Sanskrit und eine aufwendige Wort-für-Wort-Übersetzung befinden. Durch diesen Geniestreich ist ein Mißbrauch so leicht nicht mehr möglich.

Gerade die Christen und die Moslems sind für ihren konfessionellen Absolutheitsanspruch bekannt, oder besser - berüchtigt. Jeder einzelne von ihnen sei der einzig wahre und alle anderen vom Teufel usw. Man könnte genauso aufgrund der Bhagavad-gita behaupten, nur Krishna sei die Höchste Persönlichkeit Gottes und der einzige Retter und alle anderen seien böse Teufel. Tatsächlich ist der erste Teil diese Aussage ja sogar richtig, denn es gibt schließlich nur einen Höchsten Herrn. Wenn man jedoch aufgrund dieser Aussage die anderen Erscheinungsformen der Höchsten Persönlichkeit Gottes zu verschiedenen Zeiten und in verschiedenen Kulturen ablehnen würde, dann wäre dies ein großes Vergehen.

Dieser konfessionelle Absolutheitsanspruch ("Nur die von mir verehrte Form Gottes ist wahr, alle anderen sind Lügen und Erfindungen") findet sich auch auf einer subtileren Ebene. So glauben heute viele Menschen, Gott sei keine Persönlichkeit und nur eine Art Energieform. Etwas völlig abstraktes, eine Art gasförmige Wolke, Wissen, Liebe, Licht, Brahman oder derartiges. Die Persönlichkeit Gottes sei nur eine vorübergehende Manifestation. Tatsächlich ist auch das unpersönliche Gottesbild die Wahrheit, solange es das persönliche Gottesbild nicht ablehnt. Im Vergleich zur Sonne ist die unpersönliche Erscheinungsform Gottes wie die Erkenntnis der Sonnenstrahlen. Es ist richtig, daß die Sonne auch aus Sonnenstrahlen besteht, doch es wäre falsch, deswegen den Sonnenplaneten abzulehnen. Vielmehr ist der Sonnenplanet die Ursache der Sonnenstrahlen; beide gehören untrennbar zusammen. Gott ist eine Persönlichkeit und das unpersönliche Gottesbild ist eine bestimmte Sichtweise der höchsten absoluten Wahrheit. Denn wo Wissen ist, da ist auch ein Wissender. Wo Liebe ist, da ist auch ein Liebender. Der Ursprung von Wissen, Liebe, Licht, Brahman usw. ist die Höchste Persönlichkeit Gottes.

Alles ist Gott?

Oft hört man, die Hindus verehren praktisch alles als Gott. Krishna, Siva, Ga-nesh, Buddha, Allah, Jesus, die Muttergottes, den Guru, den Chef, die Familie, den Fußballstar... Tatsächlich findet man all dies in Form von Bildern und Figuren auch auf so manchem Hausaltar miteinander vereint. Gott, Halbgötter, gewöhnliche Menschen... Obwohl die Inder im allgemeinen noch um vieles religiöser als die meisten anderen Völker sind, gibt es auch bei ihnen einen rapid zunehmenden religiösen Verfall. Grundlage für die rüde Gleichmacherei bilden der weit verbreitete Neo-Hinduismus, der auch in der westlichen Welt von Philosophen der advaita-Schule sowie im Rahmen der Esoterikwelle propagiert wurde und wird. Auch wird Religion, Kultur und Tradition mehr und mehr der Glitzerwelt des Konsumlebens geopfert.

Tatsächlich finden sich in den vedischen Überlieferungen Aussagen, daß alles Brahman (die absolute Wahrheit oder Gott) ist. Es gibt nichts außer Brahman, Gott, und so ist alles Gott. Diese Aussagen sind richtig, werden jedoch von den oben erwähnten Personen (absichtlich) falsch verstanden und manche von ihnen gehen in ihrem Irrtum und Frevel sogar soweit, sich selbst oder irgendwelche andere gewöhnliche Dinge und Menschen als Inkarnation Gottes verehren oder bezeichnen zu lassen. Wo liegt nun ihr Irrtum?

Alles ist die Höchste Persönlichkeit Gottes, weil alles in Verbindung mit dem Herrn steht. Ähnlich wie die Sonne und ihre Energie (Licht und Wärme) mit der ganzen Welt in Verbindung steht oder wie der Produzent Spielberg mit allem in seinen Filmen. Man sagt, dies ist "ein Spielberg Film", obwohl wahrscheinlich nur seine Firma das Geld dafür zur Verfügung stellte und er selbst sich während der Produktion mit ganz anderen Dingen beschäftigte. Dies sind nur ein behelfsmäßige Beispiele; die Höchste Persönlichkeit Gottes ist mit der Welt viel enger verbunden, als ein Produzent mit seinen Filmen, oder sogar als die Sonne mit der aus umgewandelter Sonnenenergie bestehenden Welt. Der Herr ist mit der Welt so eng verbunden, daß es berechtigt ist zu sagen, alles ist Brahman. Doch genauso wie Spielberg nicht der ET oder sonst ein Darsteller in seinem Film ist, genauso ist die Höchste Persönlichkeit Gottes nicht Herr Mayer von nebenan oder man selbst. So wie eine Pflanze aus umgewandelter Sonnenenergie besteht, trotzdem aber nicht die Sonne selbst ist, sind die Welt, die Seelen usw. gleichzeitig eins und verschieden von der Höchsten Persönlichkeit Gottes. Es ist nicht alles Gott obwohl alles Gott ist. "Alle Wesen sind in Mir, doch Ich bin nicht in ihnen", erklärt Krishna in der Bhagavad-gita (9.4). Das Wesen der Höchsten Persönlichkeit Gottes überschreitet die Grenzen der menschlichen Fassungskraft.

Es gibt doch überhaupt keinen Gott!

Der Herr gibt jedem Menschen die Freiheit des Glaubens, die Freiheit der Entscheidung. Diese Freiheit ist die Grundlage unseres Lebens, sie ist sozusagen unsere Seele. Wenn wir diese Freiheit nicht hätten, wären wir wie Maschinen. Wenn uns der Höchste Herr zwingen würde, das Gute zu tun, selbst wenn es nur zu unserem eigenen Besten ist, würde er uns unsere Freiheit und damit unser Leben nehmen. Dann wären wir nicht mehr als ein High-Tech-Roboter, eine Art "Tamagotchi" auf zwei Beinen.

Wegen dieser uns zugestandenen Freiheit gibt es auch keine ultimativen Beweise. Weder für die Existenz der Höchsten Persönlichkeit Gottes noch für sonst eine Sache. Wir können immer sagen: Das glaube ich nicht. Selbst wenn sich der Herr leibhaftig vor uns hinstellen und uns den Himmel auf den Kopf fallen lassen würde, könnten wir immer noch sagen: Das glaube ich nicht. Das hat doch alles eine 'ganz natürliche' Erklärung. "Das Pferd kann zur Tränke geführt werden, aber trinken muß es selbst", lautet das Sprichwort. Viele Wissenschaftler, Philosophen und Theologen führen die Pferde zur Tränke und sie bringen eine Reihe guter und fundierter Beweise für alle möglichen Dinge, wobei die Beweise bekanntermaßen dem Sponsor der Untersuchung meistens verdächtig willkommen sind. Selbst wenn der Herr Däniken mit einem zappelnden Außerirdischen am Schlafittchen und einer fliegenden Untertasse unterm Arm herbei spaziert käme, würde es uns frei stehen, an die Echtheit dieser Dinge zu glauben oder nicht. Das Glauben kann uns niemand abnehmen. Dem Himmel sei Dank! Man stelle sich vor, es gäbe ein Weg uns alles glauben zu machen, was in der Werbung gesagt wird.

Vertrauen und Glauben an Gott zu erlangen kann sehr schwierig sein, denn dazu ist die Barmherzigkeit des Herrn notwendig. Doch der Herr ist vollständig frei und unabhängig. Er ist durch nichts verpflichtet Sich uns zu stellen. Dafür muß man sich erst qualifizieren, ähnlich wie man erst gewisse Eigenschaften und Vorbedingungen erfüllt haben muß, um eine Audienz bei hochgestellten Persönlichkeiten zu erhalten. Was diese Vorbedingungen und Eigenschaften sind, darüber berichten die offenbarten Schriften und die Heiligen. Der Höch-steHerr kann nicht von uns gezwungen werden. Er offenbart Sich aus Seinem Eigenen freien Willen.

Krishna erschien vor ca. 5000 Jahren als der Sohn eines Kuhhirten in dem Dorf Vrindavan im heutigen Indien. Er verbrachte dort Seine Kindheit und Jugend und wurde dann in die Stadt Mathura gebracht, wo Er als ksatriya, ein vedi-scher Herrscher und Krieger lebte. Wie Er den Pandavas half, ihr Königreich wieder zu erlangen, wird im Mahabharata, der größten epischen Erzählung der Welt berichtet. Die Bhagavad-gita, eine der bekanntesten Schriften der Veden, ist ein Kapitel aus dem Mahabharata. Die Beschreibung von Krishnas Kindheit und Jugend findet sich in den Puranas. Diese Beschreibungen der Spiele und Taten des Krishnakindes bergen die höchsten und wunderbarsten Geheimnisse der Spiritualität und sie sind die Meisterschaft der Veden. Nirgendwo wird ähnliches berichtet. Lediglich das Christentum hat eine dürftige Ahnung von diesem wunderbarsten und höchsten aller Schätze, dem Krishnakind im Garten Vrindavan, das sich im Christuskind widerspiegelt. Das wichtigste der Puranas ist das Bhagavata purana (auch als Srimad Bhagavatam bekannt).

Um die wunderbaren Taten Krishnas verstehen zu können, benötigt man zumindest grundlegende Kenntnisse der vedischen Kultur und ein gefestigtes spirituelles Verständnis. Ansonsten wird man sie mißverstehen. Es muß dringend davon abgeraten werden, sich ohne entsprechende Vorbereitungen insbesondere mit Krishnas Kind-heits- und Jugendspielen zu beschäftigen. All dies ist ein enorm umfangreiches Thema, das unmöglich im Rahmen einer Broschüre auch nur angemessen zusammengefaßt werden kann. Es sei auf die prachtvollen Übersetzungen von A.C. Bhaktive-danta Prabhupada verwiesen, die auch in deutscher Sprache erhältlich sind. Um Kris-hna so zu verstehen wie Er wirklich ist, sollte man die Bhagavad-gita studieren. Die Bhagavad-gita  von A.C. Bhaktivedanta Swami Prabhupada ist wie ein Schlüssel zu den Veden. Erst wenn dieses Buch einigermaßen verstanden wird, kann man auch die anspruchsvolleren Bücher verstehen. Die Denkweise und Tradition der theistischen vedischen Kultur ist von unserer westlichen Kultur sehr verschieden.

Der Name des Herrn, Krishna

Obwohl der Herr nur einer ist, hat Er viele Namen und formen. Krishna ist nicht Sein einziger Name. Krish bedeutet "Anziehung" und na bedeutet ananda (Glückseligkeit). Der Name "Krishna" wird als "Allanziehender" übersetzt, weil Seine transzendentale Gestalt die attraktivste überhaupt ist und Er so unbeschreiblich wunderbar anzusehen ist.
 
Die Höchste Persönlichkeit Gottes und wir

Krishna-Bewußtsein, Gottesbewußtsein, basiert auf einer tiefgründigen, theistischen (gottesbewußten) Philosophie. Es ist eine transzendentalen Wissenschaft über und von der absolute Wahrheit. Diese Wissenschaft hat die offenbarten, vedischen Schriften als eine der wichtigsten Grundlagen. Da es eine enorme Anzahl vedischer Überlieferungen gibt, ist die vedische Philosophie entsprechend umfangreich. Sie berücksichtigt alle nur erdenklichen Fragen, die ein Mensch in Bezug auf sich selbst und auf die Höchste Persönlichkeit Gottes stellen kann, und erklärt diese oft bis in die kleinsten Details, mit weitreichender logischer Argumentation und Beweisführung. Unwissenheit ist gemäß der Veden die Ursache von Leid und deswegen vermitteln die Veden ("Veden" bedeutet übersetzt "Wissen") das transzendentale Wissen zum Wohle der Welt.

Eine bedingte Seele kennt nicht ihren eigenen Ursprung oder ihre Bestimmung. Sie beschäftigt sich mit allen möglichen Dingen, die ihr einmal Glück und dann wieder Leid bescheren. Aber warum sie dies alles tut, worin der tiefere Sinn liegt, ist ihr nicht bewußt. Oft denkt sie über sich und die Welt gar nicht nach. Sie lebt ihr Leben, schwimmt mit dem Strom. Doch wenn sie mit bestimmten Situationen konfrontiert wird, etwa dem Tod, einer schlimmen Krankheit, Alter und Leiden oder der Leere ihres Daseins, oder wenn sie alles nur erdenkliche erreicht hat und feststellen muß, daß sie trotzdem unzufrieden ist, dann beginnt sie sich Fragen zu stellen. Die erste Frage mit der spirituelle Erkenntnis beginnt ist:

Wer bin ich?

Bin ich dieser Körper? Meine Gedanken, meine Intelligenz, meine Gefühle? Bin ich eine Maschine, die aus irgendwelchen Gründen Bewußtsein entwickelt hat? Die Veden erklären, daß das wirkliche wahre Selbst die unsterbliche spirituelle Seele ist. Der Rest - Körper und Geist - sind lediglich vergängliche Umhüllungen. Diese Seele ist ein winziges Teilchen der Höchsten Persönlichkeit Gottes. Ihre Beziehung zur Höchsten Persönlichkeit Gottes ist wie die Beziehung eines Teiles zum Ganzen. Die Seele ist wie das Blatt an einem Baum, das - obwohl zum Baum gehörend - trotzdem nicht der Baum selbst ist.

Die Beziehung der Seele zur Höchsten Persönlichkeit Gottes - unsere wahre, ewige Identität - ist individuell verschieden und sie kann nicht auf künstliche Weise erkannt oder vermittelt werden. Trotzdem gibt es auch Eigenschaften, die allen Seelen in Beziehung zur Höchsten Persönlichkeit Gottes gemeinsam sind. Die Gemeinsamkeit besteht darin, daß die individuelle Seele immer dem Herrn untergeordnet ist. Unter keinen Umständen ist die Seele dem Herrn überlegen oder in jeder Beziehung gleich.

Wenn wir uns unserer Beziehung zur Höchsten Persönlichkeit Gottes bewußt sind, dann nennt man dieses Bewußtsein Gottesbewußtsein oder Krishna-Bewußtsein. Krishna-Bewußtsein ist das ursprüngliche, reine Bewußtsein der Seele. Es ist nichts künstliches.

Wenn die Seele den Körper verläßt, dann wird dieser zu dem was er eigentlich ist - eine Ansammlung von Materie ohne Bewußtsein. Die Veden erklären, daß unser Körper für uns nicht die höchste Priorität hat. Er ist vergänglich und wird mit einem Kleid verglichen, das aufgegeben und für ein neues eingetauscht wird, sobald es unbrauchbar geworden ist. Die Seele befindet sich im Körper wie ein Kapitän in seinem Schiff.

Die materielle Natur hat uns den materiellen Körper für einige Zeit geliehen. Weil wir diesen Körper nicht behalten können, sollten wir uns hauptsächlich um unser spirituelles Selbst - die Seele - kümmern. Unser Streben sollte darauf gerichtet sein, was mit uns selbst geschieht, und nicht, was mit unserem Körper passiert. Denn der Weg des materiellen Körpers ist von dessen Eigentümerin (der Natur) schon unveränderlich festgelegt: Staub war er und zu Staub wird er wieder werden.

"Die Lebewesen in dieser bedingten Welt sind Meine ewigen fragmentarischen Teile." (Krishna in der Bhagavad-gita, 15.7)

Die Philosophie der Befreiung

Wenn ein Schiff unbrauchbar geworden ist, packt der Kapitän seine sieben Sachen und sieht sich nach einem neuen Schwimmgerät um. Wenn sein Verdienst als Kapitän ein großer war, dann wird er möglicherweise einen schönen Klipper oder einen Luxuskreuzer erhalten. Hat er sich aber als Kapitän nicht sonderlich bewährt, dann wird er sich wahrscheinlich mit einem kleinen Schiff oder gar nur mit einem Gummiboot zufrieden geben müssen. Natürlich spielen die Wünsche des Kapitäns auch eine Rolle. Der eine will ein majestätisches Segelschiff befehligen, der andere ein mächtiges Kriegsschiff und wieder ein anderer vielleicht ein U-Boot. Wünsche und Verdienste des Kapitäns bestimmen die Art seines neuen Schiffes.

Etwas ähnliches passiert mit der Seele. Nach dem Tod erhält die Seele einen neuen Körper und die Art dieses Körpers hängt von den Handlungen und Wünschen der Seele in ihrem alten Körper ab. Dies nennt man Reinkarnation oder Wiedergeburt. Es ist der ewige Kreislauf von Geburt und Tod. Die Natur stellt zahlreiche Körperformen zur Verfügung - menschliche, himmlische, höllische, tierische und pflanzliche.

Dies mag sich in gewissem Sinne phantastisch anhören. Tatsächlich aber ist der Kreislauf von Geburt und Tod voller Beschwernisse und Trübsal, ein Fegefeuer endloser Leiden. Es ist ein einziger vergeblicher Daseinskampf in dem der Starke auf Kosten der Schwachen lebt und trotz aller Bemühungen letztendlich dennoch von der Zeit in Form des Todes überwältigt wird. Alter, Krankheit und alle nur erdenklichen Qualen heizen dieses Fegefeuer, das wie ein niemals zu löschender Waldbrand wütet, noch zusätzlich an und selbst Vergünstigungen in himmlischen Lebensformen sind nur zeitweilige Errungenschaften.

"Das Lebewesen in der materiellen Welt trägt seine verschiedenen Lebensauffassungen von einem Körper zum anderen, wie der Wind Düfte mit sich trägt." (Krishna in der Bhagavad-gita, 15.8)

Die Seele ist nicht in der Lage, den Kreislauf von Geburt und Tod aus eigener Kraft zu überwinden. Sie ist zum Handeln gezwungen und diese Handlungen generieren automatisch neue Wünsche und einen Verdienst. Dies wird Karma genannt. Durch Karma entsteht dann die nächste Körperform. So wandert die Seele ständig von einem Körper zum nächsten, wobei sie in den zahllosen von der Natur zur Verfügung gestellten höheren und niederen Körperformen das ganze Universum durchwandert. Karma ist die Fessel, die uns an den Kreislauf von Geburt und Tod bindet.

Die logische Antwort um Befreiung zu erlangen wäre - wir müßten aufhören zu handeln. Das ist in gewisser Hinsicht richtig. Es ist aber praktisch nicht umsetzbar. Für ein lebendes Wesen ist es völlig unnatürlich, nur für einen einzigen Tag nicht zu handeln. Unmöglich ist es noch dazu. Selbst wenn wir den ganzen Tag in einer Meditationshaltung sitzen und an nichts zu denken versuchen würden, dann hätten wir gehandelt: Wir wären den ganzen Tag in einer Meditationshaltung gesessen und hätten versucht an nichts zu denken. Auch das ist Karma. Besonders intelligente Menschen schreiben dicke Bücher und Abhandlungen über ein Nichts oder eine Leere. Auch sie beweisen damit nur das Gegenteil. Wenn man dicke Bücher über ein Nichts schreiben kann, dann ist dieses Nichts ein Etwas.

Wenn wir einmal gehandelt haben, dann können wir uns selbst nicht mehr von den Reaktionen lösen. Wir können den Reaktionen entgegenzuwirken versuchen - etwa für schlechtes Karma Buße tun oder gutes Karma in Form von Spenden opfern. Doch auch dies erzeugt nur neues Karma. Wenn wir den Kreislauf von Geburt und Tod überwinden wollen, dann müssen wir uns an jemanden wenden, der diesem Kreislauf nicht unterworfen ist und der uns daraus retten kann. So wie ein Ertrinkender die Hilfe eines Rettungsschwimmers benötigt um gerettet zu werden. Was den Kreislauf von Geburt und Tod betrifft, ist dieser Rettungsschwimmer die Höchste Persönlichkeit Gottes. Dem Herrn ist es möglich, uns von unserem Karma auf einen Schlag zu befreien. Er kann uns die Hand reichen und uns aus dem Ozean der Geburten und Tode befreien. Doch dazu ist es notwendig, sich dem Höchsten Herrn zu ergeben und sich retten zu lassen.

Die Philosophie der Hingabe

Die großen Heiligen und Gelehrten der Veden empfehlen, daß man sich nicht separat um Befreiung bemühen sollte. Es ist besser, gleich daran zu arbeiten, sich Krishna hinzugeben, denn damit ist Befreiung von den Fesseln der materiellen Welt gleich mit inbegriffen. Wer es vermag, sich Krishna hinzugeben, der ist automatisch auch eine befreite Seele, denn Hingabe ist ohne Willensfreiheit nicht möglich.

In unserer Gesellschaft werden die Werte der Freiheit stark betont. Man legt Wert darauf, den eigenen Willen zu haben. Schlagworte wie Selbstverwirklichung, Karriere, Selbstbestimmung usw. sind überall zu finden. In New York findet sich eine riesige Statue, die der Freiheit gewidmet ist und ganz Amerika feiert den Unabhängigkeitstag. Freiheit ist für uns eine hohe Errungenschaft. Dennoch gibt es etwas, das noch über der Freiheit steht und das ist Hingabe. Hingabe bedeutet freiwillige Zusammenarbeit, freiwillige gegenseitige Abhängigkeit. Jemand der nur Freiheit besitzt mag einige große Taten vollbringen. Jedoch viel größer sind die Dinge, die ein Individuum vollbringen kann, wenn es sich anderen unterordnen kann, wenn es mit anderen zu kooperieren vermag. Je größer die Kooperationsfähigkeit ist, desto größer werden die Möglichkeiten des einzelnen. Eine einzelne Person vermag ein Haus zu bauen, eine Gemeinschaft jedoch vermag Paläste und Städte zu konstruieren.

Die größte Hingabe, die größte Kooperationsfähigkeit, findet man bei den Heiligen. Sie kooperieren mit der mächtigsten Person überhaupt, mit der Höchsten Persönlichkeit Gottes. Allein ihre Hingabe ist echt und vollendet; es gibt nichts was sie für sich behalten. Sie gehören Krishna und damit gehört Krishna ihnen. Das ist die Macht und das Geheimnis der Hingabe.

Weil freiwillige Hingabe der Abhängigkeit ähnlich sieht, wird sie in unserer Gesellschaft, welche die Werte der Freiheit hochjubelt, oft mißverstanden, mit Sklaverei verwechselt und skeptisch betrachtet. Freiheit ist eine große Errungenschaft, aber noch viel größer ist die Errungenschaft der freiwilligen Hingabe zu Krishna.

Einst suchte ein Mann einen spirituellen Meister auf und bat ihn darum, ihm die Höchste Persönlichkeit Gottes zu offenbaren.

"Nichts einfacher als das", sagte der spirituelle Meister. "Siehst du den Berg da drüben? Steige hinauf und der Herr wird sich dir zeigen."
"Wer hätte das gedacht. Das ist ja wirklich nicht schwer", dachte sich der Mann und machte sich auf den Weg.
Er kletterte die Flanke des Berges entlang und wendete sich dem Gipfel zu. Der Weg war steil und beschwerlich, doch er hatte sein Ziel schon fast erreicht. Plötzlich jedoch rutschte der Mann ab und schlitterte einen Abhang hinunter. Gerade noch bevor er sich zu Tode stürzte, gelang es ihm, sich an einen Ast zu klammern. Nun hing er da zwischen Himmel und Erde und konnte weder vor noch zurück.
In seiner Verzweiflung fing er an zu beten: "Lieber Herr, bitte hilf mir in meiner Not! Ich werde auch alles tun, wenn du nur mein Leben rettest!"
Und sein Gebet wurde erhört. Vom Himmel über ihm hörte er eine Stimme sagen: "Ich habe dein Flehen gehört und wenn du versprichst zu tun was ich dir sage, dann werde ich dich unten auffangen."
Der Mann blickte nach unten, konnte aber nichts sehen. Er bekam gewisse Zweifel. Dennoch antwortete er: "Ja, ich werde tun was du sagst! Nur rette mein Leben!" "Gut", sagte die Stimme. "Dann laß den Ast los!"

Diese kleine Geschichte demonstriert gut, was es bedeutet, sich der Höchsten Persönlichkeit Gottes hinzugeben. Wenn wir sehen, daß der Herr wirklich ernst macht, dann werden wir mit unserer eigenen Schwäche konfrontiert. "So habe ich das eigentlich nicht gemeint..."

Reine Hingabe ist nur möglich, wenn aller Stolz, alles Vertrauen auf eingebildete eigene Stärke aufgegeben wird. Aus dieser Position erst ist die vollständige Hingabe zum Höchsten Herrn möglich; wenn wir all unsere Pläne und Arrangierungen aufgeben und nichts mehr übrig bleibt als nur die Realität unseres wirklichen Selbst.

Davor fürchten wir uns, denn es bedeutet alles aufzugeben, woran wir bisher so sehr gehangen haben. Eigentlich ist "aufgeben" oder "entsagen" nicht das richtige Wort, denn eine genauere Betrachtung ergibt, daß all diese Dinge uns sowieso nicht gehören und wir spätestens durch den Tod gezwungen werden, sie aufzugeben. Tatsächlich geben wir lediglich ein Mißverständnis auf. Wir geben unser falsches Selbstverständnis auf - die falsche Vorstellung und Religion, der vergängliche grobstoffliche Körper zu sein.

Aber es besteht kein Grund zur Furcht. In Krishna ist nicht eine Spur von Selbstsucht zu finden, wie sie einer bedingten Seele innewohnt. Die Höchste Persönlichkeit Gottes ist völlig in Sich Selbst zufrieden. Der Herr hat es nicht nötig, uns das Leben mit irgendwelchen Schikanen schwer zu machen. All die Anweisungen und Gebote, die Krishna gibt, gibt Er ausschließlich nur zu unserem Wohl, auch wenn wir das nur zu oft nicht verstehen können. Er ist wie ein Vater zu seinen Kindern und tatsächlich sind ja auch alle Lebewesen Krishnas Kinder. Ihm liegt das spirituelle Wohlergehen eines jeden ganz besonders am Herzen.

"Gib alle Arten von Religion auf, und ergib dich einfach Mir. Ich werde dich von allen sündhaften Reaktionen befreien. Fürchte dich nicht." (Krishna in der Bhagavad-gita, 18.66)

Vollständige Hingabe hat nichts mit blinder Hingabe zu tun. Vor blinder Hingabe wird in den vedischen Schriften eindringlich gewarnt. Der Verstand ist nicht dazu da, einfach ausgeschaltet oder durch verrückte Meditationsmethoden ruiniert zu werden. Man muß sich mit seinen Zweifeln und Schwächen auseinandersetzen. Die Bhagavad-gita vermittelt dazu nur eines von vielen Beispielen der vedischen Literatur: Bevor sich Arjuna Krishna hingibt, stellt er Ihm eine Reihe von grundlegenden Fragen und bringt vielerlei Zweifel vor, die dann von Krishna der Reihe nach beseitigt werden.

Jemand, der überstürzte oder blinde Hingabe fordert, der berechtigte Fragen und Zweifel ignoriert oder mit falschen Argumenten oder Rhetorik darüber hinwegtäuscht, ist sicherlich nicht die Höchste Persönlichkeit Gottes oder einer Ihrer Repräsentanten - vielmehr im Gegenteil. Die Kennzeichen des Herrn und Seiner Abgesandten sind Weisheit, Wahrheit und Tugendhaftigkeit; sie haben es nicht nötig, mit Lügen, Tricks und Betrug Macht über andere zu erlangen.

Das sogenannte Glück in dieser Welt...

... ist vergänglich und illusionär. Tatsächlich ist es nicht einmal Glück. Was wir hier als Glück kennen, ist tatsächlich nur ein Nachlassen des Leides. Wenn jemand Kopfweh hat, dann ist er natürlich sehr unglücklich. Sobald er nun ein Betäubungsmittel bekommt und die Scherzen nachlassen, dann wird er "glücklich". Von dieser Natur ist das "Glück" in unserer Welt. Ein Mangel wird vorübergehend behoben oder ein Schmerz betäubt. Doch der Tod kann uns jederzeit ereilen. Wir sind wie Ertrinkende, die ab und zu einmal an die Wasseroberfläche gelangen und ein wenig Luft schnappen können. Unser Glück ist im Grunde das Glück einer Henkersmahlzeit. Mit dem Unterschied vielleicht, daß es uns vorübergehend noch irgendwie zu verdrängen gelingt, daß der Henker schon seine Sense wetzt und nur darauf wartet, bis uns die Stunde geschlagen hat, um uns dann auf die Reise über den Styx zu schicken.

Die Höchste Persönlichkeit Gottes ist als unser Ursprung unser Vater. Ein Vater, der seine Kinder in Nöten sieht, ist ganz und gar nicht glücklich über das Mißgeschick seiner Kinder, auch wenn sie es selbst verschuldet haben. Tatsächlich liegt dem Höchsten Herrn sogar viel mehr an unserer Rettung aus dem für uns unnatürlichen Kreislauf von Geburt und Tod als uns selbst. Für uns als spirituelle Seelen ist es nicht natürlich zu sterben und zu leiden. Eine spirituelle Seele ist von Natur aus ewig und glückselig. Sie weiß dies instinktiv. Daher wird sie durch den Tod und das Leid verwirrt und versucht diesen für sie unnatürlichen Zuständen zu entgehen.

Die natürliche Position der spirituellen Seele ist Ewigkeit, Wissen und Glückseligkeit. Dies erlangt sie durch Verbindung mit der Höchsten Persönlichkeit Gottes. Ihre natürliche Position ist die eines Bewohners der spirituellen Welt. Befreiung aus dem Elend des Kreislaufs der wiederholten Geburten und Tode bedeutet, diese natürliche Stellung voller Ewigkeit, Wissen und Glückseligkeit einzunehmen. Die Höchste Persönlichkeit Gottes schenkt uns all dies und sie gibt uns eine unendlich viel größere Freiheit, als wir sie uns jemals selbst verschaffen könnten.

Woher komme ich eigentlich?

Die vedischen Schriften erklären, daß wir ewige, spirituelle Seelen sind. Unser Ursprung ist die Höchste Persönlichkeit Gottes. Wir werden in den Kreislauf von Geburt und Tod verwickelt, weil wir unsere Freiheit mißbrauchen. Wir wollen selbst gottgleich sein. Wir wollen unsere Meinung und unser Urteil über das der Höchsten Persönlichkeit Gottes stellen. Wir sind neidisch auf die Höchste Persönlichkeit Gottes und versuchen sie für unsere Zwecke auszubeuten. Wir wollen die Früchte unserer Handlungen, das Karma, selbst genießen. Kurz: Wir selbst wollen der Höchste Herr sein. Das ist der Grund für unseren Fall in den Kreislauf der Geburten und Tode.Das Prinzip der spirituellen Welt ist dienen. Freiwilliger, liebevoller, hingebungsvoller Dienst. Das Prinzip der materiellen Welt ist herrschen. Sobald der Wunsch zu herrschen auftritt, bedeutet dies der Fall in die materielle Welt. Selbst der Herrscher sein zu wollen bedeutet Karma zu generieren und Karma ist die Fessel an den Kreislauf der Geburten und Tode.

Der Motor der spirituellen Welt ist unendlich anwachsende Liebe. Diese Liebe entsteht aus der Beziehung zwischen den spirituellen Seelen und der Höchsten Persönlichkeit Gottes, die sich gegenseitig in ihrem Dienst und ihrer Hingabe füreinander zu übertreffen versuchen. Diese Liebe wandelt sich unter dem Wunsch ein Herrscher sein und damit Hingabe und Liebe für sich fordern zu wollen erst zu Lust und dann zu Zorn, Neid, Gier und Verwirrung. Lust ist der wie Höllenfeuer brennende Antrieb der materiellen Welt.

"Dieses Mein Reich wird weder von der Sonne noch vom Mond, noch von Elektrizität erleuchtet. Wer es erreicht, kehrt nie wieder in die materielle Welt zurück." (Krishna in der Bhagavad-gita 15.6)

Der vedische Kosmos

Das Wissen der Veden um den Kosmos ist um ein vielfaches umfangreicher als die zwei bei uns im Westen am meisten verbreiteten Weltbilder - das christliche und das materialistische Weltbild. Die Veden liefern nicht nur detaillierte und erstaunliche Beschreibungen zu verschiedenen Dimensionen unseres Universums, sondern berichten auch ausführlich über die spirituelle Welt. Sie berichten uns von Hochkulturen und Ereignissen längst vergangener Zeitalter, deren Spuren schon längst vollständig von der Erdoberfläche getilgt wurden. Sie erzählen von Vorkommnissen auf anderen Planetensystemen, in anderen für uns unerreichbare Dimensionen. Wir mögen glauben, daß unser bekanntes Universum unendlich groß ist. Doch die Veden berichten von zahllosen anderen unendlich viel größeren Universen.

Das vedische Weltbild ist ein Weltbild, in dem all die angeblich unerklärlichen Phänomene dieser Welt untergebracht werden können. Wenn etwas unerklärlich ist, dann heißt dies, daß das Weltbild des Beobachters unvollständig oder falsch ist. Es bedarf einer Ergänzung oder Richtigstellung. Leider sind viele Menschen sehr bequem. Während die Anhänger des christlichen Weltbildes dazu neigen, unerklärliche Phänomene zu verteufeln, werden dieselben Dinge von den meisten nicht im mindesten besseren Anhängern des materialistischen Weltbildes als lächerlich abgetan. Die einen brandmarken als Ketzer und die anderen als Spinner. Beides ist eine große Ungerechtigkeit gegenüber den betroffenen Menschen. Dabei liegt der Fehler gar nicht an den Menschen, die unerklärliche Erfahrungen gemacht haben oder über unerklärliche Fähigkeiten verfügen. Er liegt an einem unvollständigen oder falschen Verständnis der Welt.Die vedischen Überlieferungen bieten uns die Möglichkeit, unseren Horizont zu erweitern und dabei auch Antworten auf die grundlegenden Fragen eines jeden Menschen zu erhalten. Dazu ist es jedoch notwendig, bestehende Paradigmas (nicht überprüfte allgemein akzeptierte Vorstellungen) zu hinterfragen.

Apropos Humor (Fortsetzung der Geschichte weiter oben):

Der Mann blickte erneut nach unten, konnte aber immer noch niemanden sehen, der ihn auffangen würde, wenn er erst einmal seinen Ast losgelassen haben würde. Da richtete er sein Gesicht wieder nach oben und fragte: "Ist da oben noch jemand?"

Leben im Krishna-Bewußtsein

Man soll sich immer an Krishna erinnern und Ihn niemals vergessen.
(Padma Purana)

Auf diesem einen Gebot, sich stets an Krishna zu erinnern, basiert das gesamte Leben im Krishna-Bewußtsein. In diesem einen Gebot ist alles enthalten. Es mag sich jedoch einfacher anhören, als es tatsächlich ist. Sich immer an Krishna, die Höchste Persönlichkeit Gottes, zu erinnern, bedeutet, daß auch die Worte und Taten mit dem Höchsten Herrn verbunden sind. Es ist nicht möglich, ständig an Krishna zu denken, aber in Worten und Taten ganz woanders zu sein. Gedanken sind der Ursprung von Worten, auf Worte folgen Taten, den Taten folgt das Schicksal und das Schicksal formt den Charakter. Wenn es uns demnach gelingt, unser Herz stets von Krishna durchdrungen zu bewahren, dann werden auch unsere Gedanken, unsere Worte, unsere Taten, unser Schicksal und schließlich unser ganzes Selbst von Krishna durchdrungen sein. Krishna birgt in Sich Ewigkeit, Wissen und Glückseligkeit (sat, cit, ananda) und damit haben wir das Ziel des Krishna-Bewußtseins erreicht. Dabei ist das Chanten des Heiligen Namens das bewährte und hochgeschätzte Mittel, um dieses höchste Ziel zu erreichen.

Hören, Chanten und Gemeinschaft mit Gottgeweihten

Bevor man sich an Krishna erinnern kann, muß man natürlich zuerst von Ihm gehört haben. Auch dies Hören, in welcher Form auch immer, ist schon praktiziertes Krishna-Bewußtsein und es ist zugleich auch einer der wichtigsten Vorgänge. Durch das Hören über Krishna denkt man automatisch auch an Krishna.

"Versuche die Wahrheit zu erfahren, indem du dich an einen spirituellen Meister wendest. Stelle ihm in ergebener Haltung Fragen, und diene ihm. Die selbstverwirklichte Seele kann dir Wissen offenbaren, weil sie die Wahrheit gesehen hat." (Krishna in der Bhagavad-gita, 4.34)

Hören bedeutet Informationen aufzunehmen. Um hören zu können, ist ein Sprecher notwendig. Es muß jemand da sein, eine Persönlichkeit, die uns Informationen über die Höchste Persönlichkeit Gottes gibt. Derjenige, der uns Wissen über Krishna zukommen lassen kann, ist der spirituelle Meister. Ob uns dieser spirituelle Meister nun persönlich von Krishna erzählt, ob wir ein Buch von einem echten spirituellen Meister lesen oder ob uns eine vom spirituellen Meister bevollmächtigte Person mit dem notwendigen Wissen versorgt, ist für den Vorgang des Hörens unerheblich. Es kommt auf die vermittelte Information und den Sprecher an. Das was wir über Krishna hören, muß richtig sein, es muß der Wahrheit entsprechen. Darauf muß geachtet werden. Die Quelle sollte sehr sorgfältig überprüft werden.

Um zu erfahren, wie die Wahrheit von der Unwahrheit unterschieden werden kann, und um anzufangen Krishna-Bewußtsein zu praktizieren, ist die Lektüre der "Bhagavad-gita Wie Sie Ist' von A.C. Bhaktivedanta Swami Prabhupada dringend anzuraten. Die Bhagavad-gita ist eines der größten Weisheitsbücher der Welt. A.C. Bhaktivedanta Swami Prabhupada, der Übersetzer und Kommentator, ist ein echter spiritueller Meister, ein reiner Gottgeweihter und Heiliger. Die von ihm in der Bhagavad-gita vermittelten Informationen über Krishna, die Höchste Persönlichkeit Gottes, sind vollständig und entsprechen der Wahrheit Wie Sie Ist. Er vermittelt ausschließlich nur das von Krishna selbst offenbarte Wissen der Veden und keine erfundene Philosophien oder Spekulationen. Um ein echter spiritueller Meister zu sein bedarf es der Ermächtigung des Höchsten Herrn selbst. Diese Ermächtigung einer Person offenbart sich der Welt durch vollkommen verwirklichte Heiligkeit und vollständige Loslösung von aller Anhaftungen nach Sinnesbefriedigung. Dazu ist weit mehr notwendig als Gelehrtenwissen, gute Beziehungen zu Kirchen- oder Amtspersonen oder Entsagung.

Krishna erläutert in der Bhagavad-gita (16.6-12) Krishna-Bewußtsein oder hingebungsvollen Dienst je nach den Fähigkeiten des einzelnen:

Die höchste Stufe:
Wer Mich verehrt, alle Tätigkeiten Mir [Krishna] weiht und Mir völlig hingegeben ist, wer sich im hingebungsvollen Dienst beschäftigt, ständig über Mich meditiert und seinen Geist auf Mich gerichtet hat - ihn befreie Ich sehr schnell aus dem Ozean von Geburt und Tod.
Richte deinen Geist einfach auf Mich, die Höchste Persönlichkeit Gottes, und beschäftige all deine Intelligenz in Mir. So wirst du zweifelsohne immer in Mir leben.

Die zweithöchste Stufe:
Wenn du deinen Geist nicht ohne Abweichung auf Mich richten kannst, dann folge den regulierenden Prinzipien des bhakti-yoga. So wirst du den Wunsch entwickeln, zu Mir zu gelangen.

Die dritthöchste Stufe:
Wenn du die Regulierungen des bhakti-yoga nicht praktizieren kannst, dann versuche einfach, für Mich zu arbeiten; denn indem du für Mich arbeitest, wirst du die Stufe der Vollkommenheit erreichen.

Die vierthöchste Stufe:
Wenn du jedoch unfähig bist, in diesem Bewußtsein zu arbeiten, dann versuche zu handeln, indem du auf alle Ergebnisse deiner Arbeit verzichtest, und versuche, im Selbst verankert zu sein.

Die fünfthöchste Stufe:
Wenn du auch auf diese Weise nicht handeln kannst, dann beschäftige dich mit Kultivierung von Wissen. Besser als Wissen indes ist Meditation, und besser als Meditation ist der Verzicht auf die Früchte des Tuns, denn durch solche Entsagung kann man inneren Frieden erlangen.

Hingebungsvoller Dienst, Leben im Krishna-Bewußtsein, ist etwas sehr individuelles. Es gibt keine Patentrezepte. All die Lehren und Anweisungen, die Krishna, die offenbarten Schriften (die Veden) und der spirituelle Meister vermitteln, geben die Richtung an. Sie sind wie Wegweiser, wie eine Landkarte. Die Verantwortung für uns selbst tragen jedoch wir. Wir sind diejenigen, die den Weg gehen und vielleicht auch einmal Umwege machen müssen. Das wird uns niemand abnehmen. Als gute Wanderer müssen wir auf die Landkarte und die Wegweiser achten, sonst werden wir uns verirren und möglicherweise das Opfer von Räubern und Dieben werden. Gleichzeitig müssen wir aber auch intelligent genug sein, mit Hindernissen, Tücken und Gefahren, die auch im hingebungsvollen Dienst auftreten werden, umzugehen. Wenn wir das Ziel nicht aus den Augen verlieren und der Landkarte und den Wegweisern folgen, dann beschützt uns Krishna und der spirituelle Meister bei allem was wir auf unserer Pilgerreise tun.

Wenn wir über Krishna gehört haben und uns an Ihn erinnern, dann wird sich unser hingebungsvoller Dienst automatisch als Chanten manifestieren. Chanten bedeutet den Namen Krishnas zu lobpreisen; über Krishna und Seine Taten zu sprechen. Es bedeutet beten, verehren, meditieren. Das gemeinsame Chanten der Heiligen Namen der Höchsten Persönlichkeit Gottes ist der für unser Zeitalter dringend empfohlene Vorgang. Es ist sehr einfach, dabei jedoch sehr wirkungsvoll, und jeder kann es tun, auch alleine. Wenn man alleine Chanten will, dann kann man dies als Meditation tun. Diese Meditationsform ist dem katholischen Rosenkranzgebet ähnlich und wird japa genannt. Mehr Spaß macht es natürlich in einer Gemeinschaft. Es ist möglich, zum gemeinsamen Chanten Instrumente zu verwenden und dazu zu tanzen. Diese Form des Chantens heißt kirtan.

Sehr wichtig für den Fortschritt im Krishna-Bewußtsein ist Gemeinschaft mit Gleichgesinnten. Die Gottgeweihten demonstrieren durch ihr praktisches Beispiel, wie Krishna-Bewußtsein richtig praktiziert wird. Ohne die Gemeinschaft und vor allem die Hilfe der Gottgeweihten ist es so gut wie unmöglich, im hingebungsvollen Dienst gefestigt zu werden.

Gemeinschaft bedeutet jedoch nicht körperlich physikalische Nähe. Wenn wir uns in einen Bus oder einem Lift befinden, dann haben wir trotz der unmittelbaren körperlichen Nähe in der Regel keine Gemeinschaft mit den anderen Passagieren. Wirkliche Gemeinschaft spielt sich auf einer subtileren Ebene ab; es bedeutet soviel wie Anteil nehmen. Mit den Personen, bei denen unser Herz ist, seien sie nun körperlich anwesend oder nicht, mit denen haben wir Gemeinschaft.

Gemeinschaft haben bewirkt, daß man sich Eigenschaften und Qualifikationen des oder der Anderen aneignet. Deswegen sollte man darauf acht haben, mit wem man Gemeinschaft pflegt. Gemeinschaftlicher Umgang mit fortgeschrittenen Gottgeweihten oder Heiligen ist ein extrem machtvolles Mittel um im hingebungsvollen Dienst oder Krishna-Bewußtsein Fortschritte zu machen und wird deswegen von den vedischen Schriften mit Nachdruck empfohlen.

Regulierende Prinzipien und Entsagung

Die regulierenden Prinzipien des hingebungsvollen Dienstes wurden zuvor als die zweithöchste Stufe des Krishna-Bewußtseins beschrieben. Im hingebungsvollen Dienst für Krishna gibt es vier grundlegende regulierende Prinzipien um die man sich gleich von Anfang an bemühen sollte.

1.  kein Fleisch, kein Fisch, keine Eier essen
Vegetarisch zu leben ist nicht nur gesünder, es schont auch die strapazierte Umwelt und vor allem die unschuldigen Tiere.

2.  keine Berauschungsmittel oder Stimulantia
Dazu gehören Alkohol, Drogen, Kaffee, Kakao, Nikotin und auch Teein (z.B. Schwarztee). Krishna-Bewußtsein zu praktizieren bedeutet das Bewußtsein zu läutern. Stimulierende, betäubende oder berauschende Mittel sind dabei sicherlich keine Hilfe.

3.  kein Glücksspiel

4.  kein unregulierter Geschlechtsverkehr
Jegliche Form von geschlechtlicher Betätigung gilt als unreguliert, wenn sie nicht innerhalb der Ehe zur Zeugung von Kindern ausgeführt wird.

Das Streben nach Gewaltlosigkeit, Aufrichtigkeit, Sauberkeit, Genügsamkeit, Einfachheit, Nächstenliebe usw. sollten für jeden anständigen Menschen selbstverständlich sein.

Wie gesagt stehen diese Prinzipien am Anfang des regulierten hingebungsvollen Dienstes. Um ernsthaft Krishna-Bewußtsein zu praktizieren, ist es notwendig, die regulierenden Prinzipien einzuhalten. Ansonsten wird das Streben nach Befreiung sehr unglaubwürdig.

Gar nicht so wenigen mögen diese Prinzipien jedoch als nicht praktikabel erscheinen. In diesem Fall sei auf die zuvor erwähnten Worte Krishnas verwiesen, der in der Bhagavad-gita erklärt, man solle versuchen für Ihn zu arbeiten, wenn man die regulierenden Prinzipien des hingebungsvollen Dienstes nicht einhalten kann. Wenn man dies nicht tun kann, soll man auf die Ergebnisse seiner Handlungen verzichten und versuchen im Selbst verankert zu sein. Wenn man auch dies nicht tun kann, dann soll man sich mit der Kultivierung von Wissen beschäftigen, (siehe oben)

In jedem Fall, selbst als der größte Materialist, ist es förderlich, den Heiligen Namen zu chanten und die Gemeinschaft von Gottgeweihten zu suchen.

Ein Vaishnava wird auf der Stelle gereinigt, wenn er sich nur an die Regeln und Regulierungen seines echten spirituellen Meisters hält. Es ist nicht erforderlich, daß die in Indien befolgten Regeln und Regulierungen genau die gleichen sind wie jene in Europa, Amerika oder anderen westlichen Ländern. Bloßes Nachahmen ohne irgendeine positive Wirkung nennt man niyama-agraha; die regulierenden Prinzipien nicht zu befolgen und stattdessen ausschweifend zu leben wird ebenfalls niyama-agraha genannt. Das Wort niyama bedeutet "regulierende Prinzipien", und agraha bedeutet "Begierde". Das Wort agraha bedeutet "nicht annehmen". Wir sollten nicht regulierende Prinzipien befolgen, ohne daß dies Auswirkungen zeigt, und ebensowenig sollten wir es versäumen, die regulierenden Prinzipien einzuhalten. Das wichtigste ist die besondere Kunst, gemäß Land, Zeit und Anwärter zu handeln. Ohne die Anweisung des spirituellen Meisters sollten wir nicht zu imitieren versuchen, (aus A.C. Bhaktivedanta Swami Prabhupadas Kommentar zum Caitanya-caritamrita, Madhya-Iila, 23.105)

Die Devote-Imitations-Krankheit

Die Devote-Imitations-Krankheit (DIK) ist immer wieder bei Personen zu beobachten, die sich um spirituellen Fortschritt bemühen. Anstatt sich auf ihre eigene Realität zu konzentrieren, spielen sie wie ein Schauspieler die Rolle eines Heiligen, und ihre Bühne ist die ganze Welt. Die DIK verschlimmert sich merkbar, sobald eine von ihr infizierte Person durch Einweihung usw. befördert wird oder wenn es ihr gelingt, besondere Entsagungen auszuführen oder sonst Bewunderung zu erlangen.

Künstliche Hingabe ist ein enormes Hindernis im hingebungsvollen Dienst, denn sie raubt die Möglichkeit des Fortschrittes. Künstliche Hingabe ist nichts weiter als eine Show, eine Fassade. Anstatt sich um seine wirklichen Probleme zu kümmern und seinen Schwächen ins Auge zu blicken, anstatt sich wirklich in seiner ganzen Unbedeutsamkeit vor Krishna hinzuwerfen und sich zu ergeben, bastelt man an der Oberfläche herum und äfft wirklich fortgeschrittene Heilige nach. Es ist so als würde man statt eine Krankheit zu behandeln nur die Symptome kaschieren. Damit verschlimmert man natürlich nur noch alles.

Es ist gar nicht so einfach einen echten Heiligen von einem Imitationsheiligen zu unterscheiden. Schließlich ist es der Job eines Imitators, seine Show so glaubwürdig wie nur möglich zu gestalten. Dennoch gibt es Kennzeichen. Die DIK erkennt man daran, daß die von ihr angesteckten Personen nicht wirklich demütig, freundlich, liebenswürdig und barmherzig sind, sondern sich für große Gottgeweihte und Heilige halten und diesen Anspruch auch direkt oder indirekt geltend machen. Ihre Umarmung, ihr Lächeln, ihre Liebenswürdigkeit ist nur gespielt. Tatsächlich sind sie sehr rücksichtslos, herzlos und oft sogar grausam und boshaft, weil sie sich in Wahrheit auf einem unwahrscheinlichen Egotrip befinden und wie ein Schauspieler vom Applaus leben. Bewunderung und Verehrung sind ihr tägliches Brot. Deswegen ertragen sie auch Kritik nur sehr schwer. Was sie aber beileibe nicht zurückhält, andere ausführlichst zu kritisieren um über ihre eigenen Schwächen hinwegzutäuschen. Für sie sind jene, die sie nicht verehren Ketzer, Dummköpfe oder Minderwertige. Sie denken, ihre Meinung müsse als eine Art Naturgesetz betrachtet werden, und der Boden auf dem sie wandeln wäre fortan heilig. Deswegen sind sie oft nicht einmal in der Lage einen Scherz zu verstehen.

Imitationsheilige und Pseudogurus haben keinerlei wirkliche spirituelle Qualifikationen, obwohl einige von ihnen extreme Entsagungen auf sich nehmen mögen. Ähnlich wie ein Schauspieler, der einen Präsidenten mit allem nur erdenklichen Aufwand nachahmt, natürlich trotz aller Bemühungen keine echte Befehlsgewalt hat. Sie sind manchmal sehr gute Manager, geschickte Geschäftsleute und gelehrte Philosophen. Dennoch können sie nicht auch nur einen Tropfen der Liebe und der Barmherzigkeit des Höchsten Herrn vermitteln. Wer sich in dieser Sache an die Imitationsheiligen und Pseudogurus wendet, der ist wie ein zum Tode verurteilter, der ein Gnadengesuch an einen Schauspieler in der Uniform eines Präsidenten richtet. Friede seiner Asche. Im weiter fortgeschrittenen Stadium entwickeln die Opfer der DIK das Symptom des ausgebrannt sein. Sie werden psychisch und oft auch körperlich krank und benötigen Drogen oder starke Medikamente um ihre Show aufrecht erhalten zu können, die ihnen zunehmend zur unerträglichen Last wird. Sie entgleisen immer öfter und schließlich kommen sie zu Fall. Dies oft mit einem gehörigen Knall-Bumm, denn je höher man gestiegen ist, desto tiefer fällt man.

Weil unsere Gesellschaft in den meisten Bereichen nur ein sehr oberflächlich Dasein führt, wirft dies natürlich auch seine Schatten auf die religiösen Bereiche des Lebens. Überall wird am Image herumgewerkelt, aber in die Tiefe oder gar bis an die Wurzeln wird kaum gedrungen. Dieses Phänomen zieht sich durch alle Schichten der Gesellschaft. Solcherart vorbelastet sind wir natürlich bevorzugte Opfer der DIK, denn das herumwerkeln an der Oberfläche, das kennen wir schon, da sind wir schon Experten. Die Veranlagung ist schon vorhanden.

Die Infektion der DIK während der Bemühung um Krishna-Bewußtsein erfolgt wie bei Erkältungskrankheiten durch den Umgang mit schon infizierten Personen. Ganz besonders dann, wenn eine infizierte Person als spiritueller Meister akzeptiert wird. Gemeinschaft prägt und vor solch einer Gemeinschaft sollte man sich unbedingt hüten, denn sie bedeutet spiritueller und damit auch materieller Ruin.

Die Devote-Imitations-Krankheit vermeidet und heilt man durch Umgang mit Personen, die nicht damit infiziert sind, sondern sich wirklich aufrichtig um Hingabe zu Krishna bemühen. Darauf sollte man acht haben. Solche Personen mögen nicht gelehrt sein, keine guten Manager, superreine Brahmanen oder große Philosophen - vielleicht verstehen sie sogar manches falsch und haben noch den einen oder anderen Fehler. Aber sie haben das Herz am richtigen Ort und ihre Bemühung ist aufrichtig - und das zählt. Wie Krishna in der Bhaga-vad-gita sagt, sind solche Personen äußerst selten und eine kirchliche Gemeinschaft, die dies generell für ihre Mitglieder in Anspruch nimmt, sollte schon von vornherein äußerst skeptisch betrachtet werden.

Echte Hingabe läßt sich nicht institutionalisieren oder auf einen exklusiven Club begrenzen, sei es nun ein Volk, eine Kirche oder ein Verein. Auch wenn sich jemand in das Gewand eines Sannyasi (entsagter Bettelmönch) kleidet oder gar den Posten eines Guru innehat, bedeutet diese nicht automatisch, daß er deswegen ein fortgeschrittener Gottgeweihter wäre. Man lasse sich nicht von Äußerlichkeiten irreleiten!

Die kleinste aufrichtige Bemühung hat den größten Wert, während eine furiose Show und enorme künstliche Entsagungen wertlos sind. Wem es gelingt in aller Demut nicht von der DIK infiziert zu werden, erspart sich damit enormen Ärger und große Enttäuschungen. Solange man von der DIK infiziert ist, ist es nicht möglich, sein Herz zu reinigen und einen echten transzendentalen Geschmack zu entwickeln. Diese Krankheit ist wie ein schrecklicher Fluch, wie eine unüberwindbare Tür, die ihrem Gefangenen den Eintritt in die spirituelle Welt verweigert.

Nachfolgen statt Imitieren

Die Heiligen geben das Beispiel. Sie leben und lehren wie es möglich ist, die Barmherzigkeit Krishnas zu erlangen. Es ist notwendig ihnen nachzufolgen und ihren Anweisungen zu gehorchen. Auf keinen Fall jedoch sollte man sie imitieren, als wäre man sie. Shiva wird in den Veden als der größte Gottgeweihte bezeichnet. Ihn zu imitieren würde bedeuten wie er einen Giftozean auszutrinken. Fragen Sie Ihren Arzt oder Apotheker nach möglichen unerwünschten Nebenwirkungen...

Um sich der Höchsten Persönlichkeit Gottes zu ergeben, ist es notwendig, seine eigene Unbedeutsamkeit vor dem Höchsten Herrn zu erkennen. Spiritualität bedeutet zuerst einmal Selbsterkenntnis. Da die echten Heiligen über diese Selbsterkenntnis verfügen, sind sie auch demütiger als das Gras auf der Straße, das jeden Tag unzählige Male niedergetreten wird. Ihre Demut ist nicht künstlich. Weil der Mensch vor Krishna unendlich unbedeutend ist, ist die Demut der selbstverwirklichten Heiligen ebenso unendlich.

Es ist notwendig in den Spiegel zu blicken, sich selbst zu betrachten und zu realisieren wo man steht. Das mag ziemlich ernüchternd sein. Da könnte man einen selbstsüchtigen Widerling sehen, der alles andere als demütig und auf das Gute bedacht, der voller Neid gegen andere und der überhaupt ein Scheusalsgefäß aller nur erdenklich schlechten Eigenschaften ist. Es ist ja schon ein Wunder, daß so etwas überhaupt eine Selbstbetrachtung wagt. Aber das ist der Anfang. Mißstände können erst behoben werden, wenn sie erkannt worden sind. Dann erst ist es möglich, sich an die Höchste Persönlichkeit Gottes und die Gottgeweihten zu wenden und sie um ihre Barmherzigkeit zu bitten.

"Ich weiß nicht mehr, was meine Pflicht ist, und ich habe aus Schwäche meine Fassung verloren. In diesem Zustand bitte ich Dich, mir klar zu sagen, was das Beste für mich ist. Jetzt bin ich Dein Schüler und eine Dir ergebene Seele. Bitte unterweise mich." (Arjuna zu Krishna in der Bhagavad-gita, 2.7)

Am wichtigsten ist, daß man soweit kommt, sich als das anzunehmen, was man ist, ohne sich etwas einzubilden oder sich zu hassen. Von dort aus läßt sich arbeiten.

Das Chanten des Heiligen Namen

Weil das Chanten des Heiligen Namens für unsere Zeit so wichtig ist, ist dieser Art des hingebungsvollen Dienstes dieser ausführliche Abschnitt gewidmet. Er beinhaltet Erklärungen und Ratschläge sowohl für Anfänger als auch für Fortgeschrittene. Der hohe Wert und die enorme Wirkung des wiederholten und beständigen Singens des Heiligen Namens ist nicht nur den Vaishnavas, den Gottgeweihten, bekannt, obwohl gerade sie dafür berühmt sind. Im östlichen Christentum kennt man dieselben Prinzipien als das innere Herzensgebet oder als "der Trost, der aus Indien kommt", in den Schriften des Judentums sind entsprechende Anweisungen zu finden und auch die islamischen Sufis praktizieren das Chanten des Heiligen Namens.

Arten des Chanten

Chanten wird allgemein als das Lobpreisen, Singen oder Murmeln der Heiligen Namen der Höchsten Persönlichkeit Gottes verstanden. In einem höheren Sinn bedeutet es hingebungsvollen Dienst an sich, das sich Hinwenden zur Höchsten Persönlichkeit Gottes - Leben in der transzendentalen Klangschwingung. Wer sich an den Herrn erinnert, der chantet. Wer bei allem und jedem immer dem Höchsten Herrn gedenkt, der chantet immer. So bedeutet Chanten auch das Lesen spiritueller Literatur, das Hören eines spirituellen Vortrages, Predigen, für den Höchsten Herrn arbeiten, Ihm Ehrerbietungen zu erweisen, zu beten usw.

Chanten kann man mit dem Körper, dem Geist und dem Herzen. Dabei ist die niedrigste Form das Chanten mit dem Körper, z.B. das bloße, mechanische Hersagen des Heiligen Namens, die nächsthöhere das Chanten im Geist und die unvergleichlich höchste Form das reine Chanten des Herzens oder der Seele.

Die Qualität des Chanten des Heiligen Namens kennt drei Stufen: Die erste und niedrigste Stufe ist das Chanten mit Vergehen gegen den Heiligen Namen. Worin diese Vergehen bestehen, wird später erläutert. Die nächste Stufe ist das Chanten ohne Vergehen oder zumindest beinahe ohne Vergehen. Die höchste Stufe ist das reine Chanten; auf dieser Stufe erwacht spontan die natürliche Hingabe zur Höchsten Persönlichkeit Gottes, Krishna. Die beiden vorherigen Stufen sind lediglich Vorstufen zum reinen Chanten, so wie die Morgenröte oder die zunehmende Helligkeit vor dem eigentlichen Sonnenaufgang. Sie sind als Reinigungsvorgang zu verstehen, bei dem alle unerwünschten sündhaften Tätigkeiten und materiellen Anhaftungen ausgelöscht werden.

"O König, das unablässige Chanten des Heiligen Namens nach dem Beispiel großer Autoritäten ist für alle der zweifelsfreie und furchtlose Weg zum Erfolg -auch für diejenigen, die von allen materiellen Wünschen frei sind, für solche, die jeden denkbaren materiellen Genuß begehren, und selbst für diejenigen, die durch transzendentales Wissen in sich selbst zufrieden sind." (Srimad Bhagavatam, Vers 2.1.11)

Chanten als Meditation

Wenn die Vaishnavas von "Chanten" sprechen, dann bedeutet dies im besonderen das Chanten des Heiligen Namens auf einer Gebetskette. Dies ist eine jahrtausendealte Meditationsform, die Ähnlichkeiten mit dem katholischen Rosenkranz hat und besonders von Mönchen und Eremiten regelmäßig stundenlang oder gar praktisch den ganzen Tag lang praktiziert wird.

Japa-Mala / Gebetskette
Japa-Mala / Gebetskette

Das Chanten auf Meditationsperlen ist einfach. Die Meditationsperlenkette besteht aus 108 gleich großen hölzernen Perlen plus einer etwas größeren Perle, die Anfang und Ende der Schnur verbindet. Solche Meditationsperlenketten können gekauft, aber auch selbst angefertigt werden (siehe Abbildung). Idealerweise übergibt sie der spirituelle Meister bei der offiziellen Einweihung seinem Schüler, nachdem er sie selbst verwendet hat. Das Chanten der Heiligen Namen ist jedoch von einer offiziellen Einweihungszeremonie nicht abhängig. Die Gebetsperlen werden üblicherweise in speziellen Stoffbeuteln aufbewahrt, die ebenso gekauft werden können. Da die Gebetsperlenkette heilig ist, sollte sie an einem sauberen Ort aufbewahrt werden und nicht mit dem Boden in Berührung kommen.

Um den Heiligen Namen zu chanten, nimmt man die erste Perle nach der großen Perle zwischen Daumen und Mittelfinger der rechten Hand (siehe Abbildung) und chantet den Maha-Mantra:

Hare Krishna Hare Krishna Krishna Krishna Hare Hare
Hare Rama Hare Rama Rama Rama Hare Hare

Dies ist das von den Veden für unsere Zeit besonders empfohlene Gebet. Dann wechselt man auf die zweite Perle und chantet wieder den Maha-Mantra. Dann auf die dritte usw. bis man 108 Mal den Maha-Mantra gechantet hat und bei der großen Perle anlangt. 108 Mal den Maha-Mantra auf den Gebetsperlen zu chanten nennt man eine Runde. Wenn weitere Runden gechantet werden, dann wird nicht über die große Perle hinweggegangen, sondern es wird mit der 108. Perle angefangen und dann bis zur 1. Perle gechantet, die nächste Runde wird wieder bei der 1. Perle anfangen, die übernächste Runde bei der 108. usw.

Man soll mit ruhiger Stimme klar, deutlich und flüssig die Heiligen Namen chanten. Gleichzeitig soll man sich auf den Klang des Heiligen Namen konzentrieren und möglichst an nichts anderes denken. Eine Runde dauert nach ein wenig Übung durchschnittlich ca. 10 Minuten. Bhaktisiddhanta Sarasvati wies seine Schüler an, täglich 64 Runden zu chanten. A.C. Bhaktivedanta Prabhu-pada verlangte von seinen Schülern täglich mindestens 16 Runden zu chanten.

Die beste Zeit zum Chanten ist der frühe Morgen, wenn der Geist noch relativ ruhig ist. Aber auch der späte Abend eignet sich gut. Man sollte jedoch das Chanten des Heiligen Namens regelmäßig auch untertags praktizieren, also z.B. morgens, mittags und abends. Dadurch schützt man sich auch am ehesten vor verschiedenen Versuchungen.

Die Bedeutung des Maha-Mantras

"Caitanya Mahaprabhu lehrt uns, daß wir Gott nur bitten sollen, Leben für Leben in Seinem Dienst beschäftigt sein zu dürfen. Das ist die eigentliche Bedeutung des Hare-Krishna-maha-mantra. Wenn wir 'Hare Krishna, Hare Krishna, Krishna Krishna, Hare Hare / Hare Rama, Hare Rama, Rama Rama, Hare Hare' chanten, wenden wir uns im Grunde an Gott und Seine Energie Hara. Hara ist Krishnas innere Kraft, Srimati Radharani oder Laksmi. Jay Radhe! Das ist daivi prakrti, und die Gottgeweihten suchen bei daivi prakrti, Srimati Radharani, Zuflucht. Folglich verehren die Vaishnavas Radha-Krishna, Laksmi-Narayana und Sita-Rama.
Mahamantra in Sanskrit
Mahamantra in Sanskrit

Am Anfang des Hare-Krishna-maha-mantras wenden wir uns zunächst an die innere Energie Krishnas, Hare. Wir sagen also: 'O Radharani! O Hare! O Energie des Herrn!' Wenn wir jemand auf diese Weise ansprechen, wird er gewöhnlich sagen: 'Ja, was möchtest du?' Die Antwort ist: 'Bitte beschäftige mich in Deinem Dienst' Das sollte unser Gebet sein. Wir sollten nicht beten: 'O Energie des Herrn, o Krishna, bitte gib mir Geld. Bitte gib mir eine schöne Frau. Bitte gib mir Anhänger. Bitte gib mir eine angesehene Stellung. Bitte gib mir die Präsidentschaft.' Das sind materielle Wünsche, die man vermeiden soll. Buddha lehrte, daß wir alle materiellen Wünsche aufgeben sollen. Es ist nicht möglich, wunschlos zu werden, aber es ist möglich, materielle Wünsche aufzugeben. Es ist die Natur des Lebewesens zu wünschen, und es ist nicht möglich, wunschlos zu werden. Wenn man wunschlos ist, ist man tot. Wunschlosigkeit (im spirituellen Sinn) bedeutet, seinen Wunsch zu läutern, und unser Wunsch ist geläutert, wenn wir uns nur noch wünschen, Krishna zu dienen." - A.C. Bhaktivedanta Prabhupada, Die Lehren Sri Kapilas, Vers 32, Seite 226

Wieviel gechantet werden soll

Es gibt verschiedene Ansichten, wie oft der Heilige Name pro Tag gechantet werden soll. Richtig ist, es soll IMMER gechantet werden, 24 Stunden am Tag, ohne Unterbrechung.

"Erörtere immer das Srimad-Bhagavatam und chante fortwährend den Heiligen Namen Sri Krishnas. Auf diese Weise wirst du fähig sein, sehr leicht Befreiung zu erlangen, und du wirst zum Genuß der Liebe zu Gott erhoben werden." (Caitanya-caritamrita, Madhya-Iila, 25.154)

Immer zu chanten ist natürlich den wenigsten sofort möglich. Wie soll man immer, selbst im Schlaf, chanten? Dies wird erst auf der reinen Stufe des Chantens möglich, wenn die heilige Klangschwingung zur eigenen Natur geworden ist. Ein reiner Gottgeweihter weicht nicht einmal im Traum von Krishna ab. Solange dies nicht der Fall ist, soll zumindest soviel wie möglich gechantet werden. Selbst wenn Gelübde abgelegt werden, an einem Tag so-und-soviele Male den Heiligen Namen zu chanten, bedeutet dies nicht, daß dadurch die Anweisung der Schriften ungültig geworden ist. Das Ziel besteht darin, immer zu chanten, 24 Stunden am Tag. Ein jeder Atemzug soll durch den Klang des Heiligen Namens vervollkommnet werden.

Die richtige Einstellung für das Chanten des HeiligenNamens

Um mit dem Chanten anzufangen oder das Chanten zu vertiefen ist es förderlich, Schriften zu lesen und Belehrungen anzuhören, welche die Notwendigkeit, Vortrefflichkeit und das Heil des beständigen Chantens des Heiligen Namens erklären. Man soll versuchen, diese Anweisungen zu ergründen und darüber meditieren.

Die richtige Einstellung um zu chanten ist, wenn es einem gelingt, den Tag durch das Chanten zu heiligen und ihn nicht vor der gelobten oder sich selbst vorgenommen Anzahl (wenn man kein Gelübde abgelegt hat) zu beenden. Das Chanten des Heiligen Namen des Herrn sollte die höchste Priorität haben und man sollte es sich zur Gewohnheit machen, täglich eine der eigenen Kraft entsprechende bestimmte Anzahl von Heiligen Namen auf einer Meditationsperlenkette zu chanten.

"Man sollte den Heiligen Namen des Herrn in einer demütigen Geisteshaltung chanten und sich für niedriger halten als das Stroh auf der Straße; man sollte duldsamer sein als ein Baum, frei von allem Streben nach Anerkennung und Achtung, und man sollte bereit sein, anderen in jeder Hinsicht Respekt zu erweisen. Mit dieser Haltung kann man den Heiligen Namen des Herrn ständig chanten." (Siksastaka 3)

Um den Heiligen Namen ständig chanten zu können, ist höchste Demut, Duldsamkeit und das Freisein von jeder Art des Egoismus unbedingt erforderlich. Ein solcherart weit fortgeschrittener Gottgeweihter hält sich selbst niemals für fortgeschritten. Er ist stets bemüht, ekstatische Symptome, wie Tränen, Sprachlosigkeit, Zittern, lautes Rufen usw. zu unterdrücken und vor anderen zu verbergen, da er sich von ihnen gestört fühlt oder sich ihrer schämt.

Pseudoreligiöse Menschen machen aus dem Chanten der Heiligen Namen eine Show. Mit ihren sentimentalen, imitierten ekstatischen Symptomen, ihren peinlichen Rufen und Gebeten, die wie das sinnlose Kreischen einer verrückt gewordenen Affenhorde sind, verspotten sie den Höchsten Herrn und Seinen Heiligen Namen. Solche Übeltäter müssen strikt gemieden werden, denn sie richten nur ein Chaos im spirituellen Leben an.

Die Motivation für das Chanten des Heiligen Namens sollten nicht der Bauch oder die Genitalien sein. Man mag sich auf die verschiedenen Belohnungen freuen, die einem das Chanten des Heiligen Namens einbringen - Befreiung, die spirituelle Welt, in sich selbst gründende Zufriedenheit usw. Belohnungen sind ein Mittel, das selbst von Krishna immer wieder verwendet wird, um die Menschen für den glückbringenden spirituellen Vorgang zu begeistern. Jedoch auf der reinen Stufe des Chantens ohne Vergehen erwartet der Gottgeweihte keine Belohnung mehr für sein Tun. Das liegt daran, daß ihn das Chanten selbst zufrieden stellt. Sein höchstes Glück ist seine Hingabe zu Krishna und er ist bereit ganz egal wo und wie seinem über alles geliebten Herrn mit all seiner Macht zu dienen - sei es auf Erden, im Himmel oder in der Hölle. Seine Befreiung ist endgültig.

Wenn man durch das Chanten stolz und hochmütig wird, dann mangelt es an der richtigen Einstellung. Es ist wichtig danach zu dürsten, soviel als möglich -immer - zu chanten und man soll danach streben, rein, d.h. ohne Vergehen, zu chanten. Wenn es einen Preis für reines Chanten gibt, dann ist dies starke Begierde und das Freisein von materiellen Anhaftungen.

Der Heilige Name und die Macht des Chantens liegt jenseits des menschlichen Begriffsvermögen und die Gelehrten, die den Heiligen Namen nicht durch eigene Erfahrung und Hingabe erlangt haben, können ihn und den Vorgang des immerwährenden Chantens nicht verstehen. Vor allem auch dann, wenn es ihnen aufgrund ihrer so genannten Gelehrsamkeit an der dafür notwendigen Demut mangelt. Wirklich gelehrte Menschen sind demütig.

Regulierende Prinzipien und die 10 Vergehen gegen den Heiligen Namen

Um auf dem Weg zum reinen Chanten spürbaren Fortschritt zu machen, sollte man sich um folgende Dinge bemühen:

1. Heilige Persönlichkeiten, die das reine Chanten erlangt haben oder sich zumindest aufrichtig darum bemühen, dürfen nicht beleidigt oder mißachtet werden. Es ist sehr wichtig und vorteilhaft, von solchen Personen zu lernen und ihnen nachzufolgen.
2.  Anhaftung an oder Streben nach materiellem Genuß vermeiden (z.B. der Wunsch nach dem Einswerden mit dem Absoluten, Wünsche im Bereich von Religion, wirtschaftlicher Entwicklung, Sinnenbefriedigung, Befreiung)
3.   Heilige Schriften sollen geachtet und ihre Anweisungen befolgt werden.
4.   Das Töten von Tieren ist zu vermeiden; eine einfache, möglichst gewaltfrei, vegetarische Ernährungsweise ist dem Körper und auch dem Geist angemessen.
5.  Ansehen und Bewunderung sind große Feinde der für ein gutes Chanten absolut notwendigen Demut. Sie sollten gemieden werden.

Die 10 Vergehen gegen den Heiligen Namen sind folgende:

1.  Große Gottgeweihte schmähen, die ihr Leben dem Verbreiten der Herrlichkeit des Höchsten Herrn gewidmet haben.
2.  Weltliche Unterschiede bei den Heiligen Namen zu sehen oder den Heiligen Namen mit gewöhnlichen Namen gleichzusetzen.
3.   Die Anweisungen des echten spirituellen Meisters mißachten.
4.   Die heiligen Schriften herabwürdigen oder mißachten.
5.  Zu denken, der Heilige Name sei von der Höchsten Persönlichkeit Gottes verschieden.
6.   Den Heiligen Namen künstlich interpretieren oder Seine Macht für Einbildung halten.
7.  Im Vertrauen auf die reinigende Kraft des Chantens absichtlich Sünden begehen.
8.   Das Chanten der Heiligen Namen für einen materiell segensreichen Vorgang zu halten, wie etwa eine fromme Handlung wie Wohltätigkeit usw., oder den Heiligen Namen zu gebrauchen, um materielle Wünsche zu befriedigen.
9.   Personen, die nicht interessiert sind, über die transzendentale Natur des Heiligen Namens zu unterrichten.
10.Das Interesse am Heiligen Namen verlieren, obwohl man die transzendentalen Natur des Heiligen Namens zumindest theoretisch verstanden hat.

Wem es gelingt, diese Vergehen zu vermeiden, der entwickelt reine Hingabe zur Höchsten Persönlichkeit Gottes und erfährt beim Chanten der Heiligen Namen Zufriedenheit oder große Freude, bis hin zur Ekstase, wie Tränen in den Augen, Zittern, Ohnmacht usw. Solange dieses Glücksgefühl beim Chanten nicht erfahren wird, soll man verstehen, daß eine oder mehrere der oben aufgezählten Vergehen begangen werden, die durch eigene Bemühungen nicht rückgängig gemacht werden können. Meistens bestehen dieses Vergehen in materieller Anhaftung. Solange man beim Chanten der Heiligen Namen Vergehen begeht, ist es nicht möglich, das Höchste Ziel des Chantens, reine Liebe zur Höchsten Persönlichkeit Gottes, zu erlangen. Dennoch wird wiederholt empfohlen, daß trotz aller Vergehen einfach weiter gechantet werden soll, denn das tägliche, beständige Chanten bewirkt das Freiwerden von materieller Anhaftung und von Vergehen. Selbst dem größten aller Sünder wird empfohlen, einfach den Heiligen Namen zu chanten und sich nach Kräften zu bemühen, die aufgezählten Vergehen zu vermeiden.

Trübsal und Trockenheit beim Chanten

Bei den meisten Menschen stellt sich nach einer anfänglichen kurzen Euphorie Unaufmerksamkeit, Trübsal und Trockenheit während des Chantens ein. Dies zeigt an, daß der Heilige Name die Verunreinigungen der Seele beseitigt. Diese Reinigung ist zugleich auch Prüfung und deren schwersten Bereiche sind Trübsal und Trockenheit. Tatsächlich sind diese Prüfungen derart schwer, daß sie nur mit der Hilfe der Höchsten Persönlichkeit Gottes gemeistert werden können und genau darin liegt deren Sinn, denn der Höchste Herr kann nur von dem erlangt werden, der sich Ihm völlig ergibt. Der Pilger besteht seine Prüfung, wenn er sich in aller Demut vor dem Höchsten Herrn niederwirft, sich Ihm ergibt und um Seine Hilfe und Seinen Schutz bittet. Es ist keinem Menschen gegeben, von sich aus rein zu chanten. Allein die Gnade des Höchsten Herrn ermöglicht dies. Die Freiheit des Menschen ist winzig. Sie liegt in dieser aufrichtigen und demütigen Ergebung und zu einem gewissen Grad in der Menge des Chantens. Alles andere, vergehenloses und reines Chanten in höchster Glückseligkeit, ist ein Geschenk des Höchsten Herrn. Wer glaubt, diese Höchste Form des Chantens für sich erzwingen oder beanspruchen zu können, der hat das ABC des spirituellen Lebens, nämlich Hingabe und Demut, nicht richtig verstanden. Demut bedeutet, daß man das, was einem der Höchste Herr bestimmt hat, annimmt. Sei es nun Glückseligkeit als Lohn für gottgefälliges Tun oder Trübsal und Trockenheit um die Seele zu reinigen und sie durch Geduld und Demut zu retten. Darin zeigt sich wahre Demut, wahre Ergebung -die wirkliche Größe der heiligen Geweihten Krishnas.

Zum Trost all jener, die sich aufrichtig bemühen den heiligen Namen zu chanten, aber trotzdem Vergehen begehen und sich fühlen, als müßten sie eine schiere Wüste der Trübsal durchqueren - die Person, die das Chanten der Heiligen Namen personifiziert - Haridasa Thakura - bestätigt, daß selbst jene befreit werden, die den Heiligen Namen unvollkommen und mit Vergehen chanten. Nur Personen mit geringem oder gar keinem Wissen von der Macht des Heiligen Namens werden dies bestreiten. Vor dem Höchsten Herrn ist kein einziges Gebet vergebens; weder ein gutes, noch ein schlechtes. Die ergebene Haltung des Chanters und die Häufigkeit der Anrufung werden zur rechten Zeit Frucht tragen.

"Außer Krishna kenne ich keinen anderen Herrn, und Er wird es immer bleiben - auch wenn Seine Umarmung rauh ist oder Er mir das Herz bricht, indem Er Sich mir nicht zeigt. Es steht Ihm völlig frei, zu tun und lassen, was Er will, denn Er ist immer und unter allen Umständen Mein angebeteter Herr." (Sik-sastaka 8)

Besser weniger chanten und dafür rein?

Manchmal hört man die Aussage, es wäre besser, weniger, aber dafür konzentrierter oder reiner zu chanten. Diese Aussage ist, obwohl sie sich vernünftig anhören mag, ein Trugschluß. Es ist der Einwand des unwilligen Schülers, der den Lehrer nach dem Sinn des Lernens der einzelnen Buchstaben fragt, obwohl er doch überhaupt noch nicht lesen kann. "Wieso soll ich jetzt immer dieses A und B lernen, wenn ich sowieso nicht lesen kann?" Doch wie will er jemals lesen lernen, wenn er nicht davor das ABC lernen mag?

Diese Unwillige-Schüler-Philosophie ist natürlich falsch, weil erstens die richtige Anweisung lautet, so viel als möglich - immer - zu chanten und nicht weniger. Zweitens ist das konzentrierte und reine Chanten dem Menschen nicht gegeben, da dies eine Gnade des Herrn ist. Es ist nicht gerade logisch zu denken, man könne diese Gnade eher erlangen, indem man weniger chantet und irrtümlich glaubt, dieses weniger würde reiner sein. Denn drittens ist ja gerade der Hare-Krishna-maha-mantra jene selbständige Kraft, die das Herz reinigt. Je mehr man diesen Maha-Mantra chantet, um so näher kommt man der Reinheit des Herzens - und nicht umgekehrt.

Die Aussage - weniger chanten aber dafür reiner - wäre nur dann richtig, wenn der Heilige Name von Äußerlichkeiten abhängig wäre, wenn Er nicht zum reinen Chanten hinführen würde und wenn die Anweisung nicht lauten würde -immer und egal wie gefallen man sein mag zu chanten.

Einweihung - Diksha-Initiation
A.C. Bhaktivedanta Swami Prabhupada übergibt einem neu eingeweihten Schüler
seine Meditationsperlenkette

Jedoch die Kraft des Heiligen Namens ist derart gewaltig, daß es keine Macht in der Welt gibt, die Ihm zu widerstehen vermag. Der Mensch wird durch den Heiligen Namen gleichsam wiedergeboren, und das ist auch der Grund, weswegen der spirituelle Meister bei der offiziellen Einweihung dem Schüler einen neuen Namen gibt. Es ist gerade die Häufigkeit und Unablässigkeit mit der man den Heiligen Namen chantet und die zum Erfolg und zum reinen Chanten führen. Von sich aus kann niemand rein chanten, ja nicht einmal der Glauben an den Höchsten Herrn ist dem Menschen gegeben. Er kann sich lediglich spirituelle Bildung aneignen und den Heiligen Namen anrufen - je öfter desto besser. Chanten muß zur Gewohnheit, zur eigentlichen Natur des Menschen werden.

Glauben   und   Reinheit   wird durch das Gebet, das Chanten des Heiligen Namens, erlangt. Deshalb ist es so ungeheuer wichtig. Die höchste Pflicht des Menschen liegt in seiner vollständigen Ergebung in den Willen des Höchsten Herrn; ob der Höchste Herr dann aus dieser ergebenen Seele einen großen Heiligen macht, der in der Lage ist, den Heiligen Namen rein zu chanten, ist alleine dem Herrn überlassen. Er wird der individuellen Seele immer das geben, was das Beste für sie ist.

Egal wie gefallen, sündhaft und verdorben man auch sein mag: Die Anweisung der Schriften, der Heiligen und der spirituellen Meister lautet, man soll immer, oder zumindest soviel als möglich, den Heiligen Namen chanten.

Der Heilige Name ist so mächtig, daß Er es vermag, selbst noch den größten Sünder zur Reinheit des Herzens zu führen und schlußendlich zu erlösen. Selbst wenn es in einem völlig ohnmächtigen und verunreinigtem Zustand geschieht. Die Geschichte von dem gefallenen Brahmanen Ajamila im Srimad Bhagavatam demonstriert dies eindrücklich; er wurde trotz seines gefallenen Zustandes gerettet, als er in dem hilflosen Zustand im Augenblick des Todes unbewußt den Heiligen Namen aussprach. Ja selbst wenn jemand derart gefallen ist und einen derart abgestumpften Verstand hat, daß er für jene, die den Heiligen Namen chanten, nur Verachtung und Hohn übrig hat, profitiert er durch das Chanten des Heiligen Namens, wenn er z.B. sagt: "Das viele Hare Krishna chanten ist doch Gehirnwäsch-philosophie!"

Um es nochmals zu betonen - die Anweisung lautet, man soll soviel als möglich chanten, je nachdem, was dem Willen und den Kräften entspricht.

"O mein Herr, Dein Heiliger Name allein kann den Lebewesen allen Segen spenden, und daher hast Du Millionen und Abermillionen von Namen, wie Krishna und Govinda. In diese transzendentalen Namen hast Du alle Deine transzendentalen Energien eingehen lassen. Beim Chanten dieser Namen braucht man nicht einmal feste Regeln zu beachten. O mein Herr, in Deiner Güte machst Du es uns leicht, Dir durch Deine Heiligen Namen näherzukommen, doch unglücklich, wie ich bin, habe ich keinen Geschmack für sie." (Siksastaka 2)

Chanten und Leben im hingebungsvollen Dienst

Vom Trubel der Welt abgestoßen wünscht sich der Pilger öfters, weit weg in aller Einsamkeit ungestört den Heiligen Namen chanten zu können. So mag er dann das Leben als Eremit suchen. Jedoch das Eremitendasein birgt vor allem in unserer Zeit große Gefahren. Und das, obwohl Entsagung, Ruhe und Ungestörtsein für den hingebungsvollen Dienst durchaus förderlich sind und von dem Pilger praktiziert und gesucht werden sollen.

In der Einsamkeit liegt die große Gefahr, Verblendung oder gar dem Wahnsinn zu verfallen. Die Ursachen dafür sind Hochmut und mangelnde Anleitung durch einen echten spirituellen Meister. Stolz und/oder mangelnde oder falsche Führung bringen den Eremiten dazu, Hirngespinste und Einbildungen als Wirklichkeit anzusehen. Um dies zu vermeiden, ist eine gefestigte spirituelle Praxis, die nicht nur auf Äußerlichkeiten beruht, und eine ausreichende Bildung notwendig. So kann ein Eremitendasein nur sehr gefestigten und in der transzendentalen  Wissenschaft  fortgeschrittenen  Personen   empfohlen  werden, keinesfalls aber Anfängern und Menschen, die den vielen Versuchungen des unregulierten Geistes in der Einsamkeit nicht standhalten können.

Wer also keinen rechten Geschmack für das Chanten der Heiligen Namen hat, wer nur unter Mühe die regulierenden Prinzipien einhalten kann oder diesen nicht gerecht wird, wem es nicht gelingt, von sich aus zeitig aufzustehen und Entsagungen wie regelmäßiges Fasten usw. auf Dauer einzuhalten, der sollte sich hüten, ein Eremitendasein führen zu wollen. In unserer Zeit kann ein Eremitendasein nicht empfohlen werden. Der noch entsagtere Lebensstand als Sannyasi, ein vollkommen entsagter Prediger und Bettelmönch ohne jeglichen Besitz, wurde von den Veden für unsere Zeit sogar verboten. Ja selbst das Leben in Klostergemeinschaften oder als Priester in einem Tempel ist in unserer Zeit gefährlich geworden und kann nur mit Vorbehalt empfohlen werden.

Es ist besser, ein gewöhnliches reguliertes Leben zu führen, sich spirituell zu bilden, den Heiligen Namen zu chanten und so für seine Mitmenschen ein qualifizierter spiritueller Meister zu werden und sie von den Übeln des materiellen Daseins zu erlösen. Man muß kein Asket, Mönch oder Eremit werden. Jeder ist ein Individuum und sollte deswegen seine persönlichen Neigungen auch in bezug auf den hingebungsvollen Dienst berücksichtigen, jedoch am besten hat sich für unsere Zeit ein normales Familienleben bewährt, welches durch die Prinzipien und Regulierungen des hingebungsvollen Dienstes geläutert wurde.

"Und wer immer sich im Augenblick des Todes, wenn er seinen Körper verläßt, an Mich erinnert, erreicht sogleich Mein Reich. Darüber besteht kein Zweifel."

ERLÄUTERUNG von Bhaktivedanta Prabhupada:
In diesem Vers wird die Wichtigkeit des Krishna-Bewußtseins hervorgehoben. Jeder, der seinen Körper im Krishna-Bewußtsein verläßt, wird sofort zum transzendentalen Reich des Höchsten Herrn erhoben. Das Wort smaran (sich erinnernd) ist von Bedeutung. Sich an Krishna zu erinnern ist der unreinen Seele, die kein Krishna-Bewußtsein im hingebungsvollen Dienst praktiziert hat, nicht möglich. Um sich an Krishna zu erinnern, sollte man unablässig den maha-mantra - Hare Krishna, Hare Krishna, Krishna Krishna, Hare Hare / Hare Ra-ma, Hare Rama, Rama, Rama, Hare Hare - chanten und dabei dem Beispiel Sri Caitanyas folgen, was bedeutet, duldsamer als ein Baum und demütiger als das Gras zu sein und anderen alle Ehre zu erweisen, ohne Ehre als Gegenleistung zu erwarten. So wird man fähig sein, den Körper erfolgreich zu verlassen, indem man sich an Krishna erinnert, und auf diese Weise wird man das höchste Ziel erreichen. (Bhagavad-gita, Vers 8.5)

"Im gegenwärtigen Zeitalter des Zankes und der Heuchelei ist das einzige Mittel zur Befreiung das Chanten des Heiligen Namens des Herrn. Es gibt keinen anderen Weg. Es gibt keinen anderen Weg. Es gibt keinen anderen Weg." (Brhan-naradiya Purana, von Bhaktivedanta Prabhupada zitiert im Srimad Bhagavatam, Vers 6.3.24)

 

Siksastaka

1.  Gepriesen sei der Sri Krishna sankirtan (das gemeinsame Singen der Namen der Höchsten Persönlichkeit Gottes), der das Herz von allem seit Jahren angesammelten Staub reinwäscht und der das Feuer des bedingten Lebens, der wiederholten Geburten und Tode, löscht. Die sankirtan-Bewegung ist die größte Segnung für die gesamte Menschheit, denn sie verbreitet die Strahlen des segenspendenden Mondes. Sie ist das Leben allen transzendentalen Wissens; sie läßt den Ozean transzendentaler Glückseligkeit anschwellen und ermöglicht es uns, den Nektar, nach dem wir uns ständig sehnen, in vollen Zügen zu trinken.

2.   O mein Herr, Dein Heiliger Name allein kann den Lebewesen allen Segen spenden, und daher hast Du Millionen und Abermillionen von Namen, wie Krishna und Govinda. In diese transzendentalen Namen hast Du alle Deine transzendentalen Energien eingehen lassen. Beim Chanten dieser Namen braucht man nicht einmal feste Regeln zu beachten. O mein Herr, in Deiner Güte machst Du es uns leicht, Dir durch Deine Heiligen Namen näherzukommen, doch unglücklich, wie ich bin, habe ich keinen Geschmack für sie.

3.  Man sollte den Heiligen Namen des Herrn in einer demütigen Geisteshaltung chanten und sich für niedriger halten als das Stroh auf der Straße; man sollte duldsamer sein als ein Baum, frei von allem Streben nach Anerkennung und Achtung, und man sollte bereit sein, anderen in jeder Hinsicht Respekt zu erweisen. Mit dieser Haltung kann man den Heiligen Namen des Herrn ständig chanten.

4.  O allmächtiger Herr, ich trachte weder nach Reichtum, noch begehre ich schöne Frauen, noch ersehne ich eine große Zahl Anhänger. Ich wünsche mir einzig und allein, daß ich Dir Leben für Leben grundlos und voller Hingabe dienen darf.

5.  O Sohn Maharaja Nandas (Krishna), ich bin Dein ewiger Diener, doch irgendwie bin ich in den Ozean von Geburt und Tod gestürzt. Bitte rette mich aus diesem Ozean des Todes, und gib mir einen Platz als Staubkörnchen auf Deinen Lotosfüßen.

6.  O mein Herr, wann werden meine Augen mit Tränen der Liebe geschmückt sein, die unablässig fließen, wenn ich Deinen Heiligen Namen chante? Wann wird mir beim Aussprechen Deines Namens die Stimme ersticken, und wann werden sich die Haare auf meinem Körper sträuben?

7. O Govinda! Die Trennung von Dir schmerzt mich so sehr, daß mir ein Augenblick wie zwölf Jahre oder mehr erscheint. Tränen strömen aus meinen Augen wie Regengüsse, und ohne Dich fühle ich mich in dieser Welt völlig einsam.

8. Außer Krishna kenne ich keinen anderen Herrn, und Er wird es immer bleiben -auch wenn Seine Umarmung rauh ist oder Er mir das Herz bricht, indem Er Sich mir nicht zeigt. Es steht Ihm völlig frei, zu tun und lassen, was Er will, denn Er ist immer und unter allen Umständen Mein angebeteter Herr.

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